Jakob Hein: Mein erstes T-Shirt
Mein erstes T-Shirt
Buch
- Mit e. Vorw. v. Wladimir Kaminer
- Verlag:
- Piper Verlag GmbH, 01/2003
- Einband:
- Kartoniert / Broschiert, ,
- Sprache:
- Deutsch
- ISBN-13:
- 9783492237390
- Artikelnummer:
- 3993969
- Umfang:
- 160 Seiten
- Auflage:
- 7. Aufl.
- Copyright-Jahr:
- 2009
- Gewicht:
- 166 g
- Maße:
- 195 x 125 mm
- Stärke:
- 20 mm
- Artikelnummer:
- 3993969
- Erscheinungstermin:
- 1.1.2003
Beschreibung
Das Beispiel Jessica Drechser: Was hat sie, was andere nicht haben? Und wie gelangt man als schmalbrüstiger Komiker in den Besitz des Poesiealbums von Claudia Ross? Das Leben steckt voller Geheimnisse, und unser jugendlicher Held Jakob Hein macht sich daran, sie zu lüften. Er bietet jeder Herausforderung die Stirn, besäuft sich mit einem Getränk namens 'Grüne Wiese' und stellt sich tapfer den zersägten Schweinehälften im Fleischkombinat Berlin. Jakob Hein erzählt die tollsten Geschichten, ungeschminkt, schwärmerisch und gnadenlos witzig - von der mobilen Wahlurne bis zu den intimen Details seiner Jugend, wie dem ersten T-Shirt, das eigentlich ein Nicki war.Klappentext
Fernsehuhren mit und ohne Striche, die erste Liebe, das erste T-Shirt - hintersinnig und witzig erzählt Jakob Hein von Jakob Hein, einem Jugendlichen im ganz normalen Wahnsinn der letzten DDR-Jahre: ein Alltag unter verschärften Bedingungen und voll der Sehnsucht nach Cola, Netzhemd, Westfernsehen und stilvollen Besäufnissen mit Kuba-Rum in sturmfreien Partybuden. Hier hat sich einer gekonnt den verordneten Grenzen entzogen und seine Freiheit gewahrt.Auszüge aus dem Buch
"Es begann bei mir wie bei den meisten, es begann mit einer Gitarre. Christian aus meiner Klasse hatte im Keller eine E-Gitarre gefunden und mußte uns allen davon erzählen. Er war der Typ, der immer jedem etwas echt Wertvolles borgen oder etwas weniger Wertvolles schenken wollte. Seit dem Kindergarten hatte er nicht gelernt, daß man so keine Freunde gewinnen konnte. Jetzt glaubte er wieder einen Grund gefunden zu haben, uns in der Raucherecke zu belästigen. Eigentlich rauchte er auch und hatte immer Zigaretten dabei, aber ob man in der Raucherecke stehen durfte oder nicht, hatte ja nichts mit Rauchen zu tun. Sogar manche Mädchen durften dabeisein, wenn sie zum Beispiel schwarz gefärbte Haare hatten, total auf diesen ganzen Schönheitskult schissen und außerdem nicht gerade stockhäßlich waren. Jedenfalls kam Christian in die Raucherecke und tönte groß herum, er habe eine Stromgitarre von seinem Vater gefunden. Wir sagten, daß er sich verpissen so ll. Nach der Schule ging ich immer ein Stück gemeinsamen Weg mit ihm. Wenn niemand anders mit war, vor allem keins von den Mädchen, die sich total nicht für Jungs und den ganzen Scheiß interessierten, unterhielt ich mich dann auch mit Christian. Ich fragte ihn, was das mit der Gitarre heute denn eigentlich gesollt habe. Sofort fing er an, die Gitarre zu beschreiben und wie er die seinem "Alten" klauen könnte und daß er so was schon öfter gemacht hat usw. Er war wirklich nicht besonders cool. Dann sagte ich ein paar Sätze, die ganz klarmachten, daß ich mich total gut mit E-Gitarren auskannte. Ich flocht Worte wie "Stratocaster" und "Plektron" in meine Sätze und sagte zum Beispiel: "Hat das Gerät zwei oder drei Tonabnehmer?" "Du kennst dich ja gut mit den Dingern aus, fast so wie Florian", sagte Christian. "Flo!" Ich konnte nur lachen, "der kennt doch den Unterschied zwischen einer A-Saite und einer K-Saite nicht. Aber wenn du willst, kann ich mir das Teil ja mal anschaun." "Das hat mi r Florian auch schon angeboten." Flo, dieser alte Arsch! Wollte mir meine Gitarre wegnehmen, obwohl er noch nicht mal einen gemeinsamen Heimweg mit dem Loser hatte. Ich machte mir sofort Zeit und ging mit zu Christian nach Hause. Ich möchte über das Haus von ihm hier nichts Schlechtes sagen, in Kurzform: seine Eltern waren Zahnärzte. Sein Zimmer war dekoriert mit Plakaten von laschen Heavy-Metal-Kapellen, busenlosen Tittenmäuschen und schlecht angezogenen Popstars. Eigentlich war er ganz o. k., wenn man sich mal nicht so sicher war, dann mußte man nur Christian fragen, ob es ihm gefiel. Sein Geschmack war immer und mit Sicherheit out. Ich hatte Angst, wenn ich zu lange in seinem Zimmer sitzen würde, könnte ich mich an irgendeinen von den Gegenständen dort gewöhnen. Ich wollte sofort hinunter in den Keller. Es war der ordentlichste Keller, den ich je gesehen hatte. Es gab einen richtigen Fußboden und Licht. Die Decke war hoch, und alles war nicht nur aufgeräumt, sondern auch blütensaube r. Es gab einen Tisch mit einem Aschenbecher darauf, wo Christians Vater im Winter rauchen durfte, wenn es auf der Veranda zu kalt war. Christian holte die Gitarre aus einem Schrank hervor, anstatt sie aus irgendeinem Stapel alter Kisten zu zerren. Es war der gruseligste Keller, den ich je gesehen hatte. Die Gitarre war ein Traum! Drei Tonabnehmer und ungeheuer viele Schiebe- und Drehregler! Das Beste daran war, daß Klinkenbuchsen dran waren, ich also berechtigte Hoffnung hatte, Kabel und Stecker dafür zu bekommen. Denn daß es meine Gitarre war, daran gab es für mich keinen Zweifel mehr: Sie war schwarz und verchromt, war schwer und hatte einen Lederriemen ..."Biografie
Jakob Hein, geb. 1971 in Leipzig. 1977 hat er die ersten Geschichten geschrieben und seiner Mutter vorgelesen. Seine erste Regiearbeit wurde 1982 beim 'Fest der jungen Talente' mit einer Urkunde ausgezeichnet. 1988 entdeckte er die Möglichkeit, seine Geschichten auch anderen Leuten als seiner Mutter vorzulesen. Das macht er jetzt jeden Sonntag in der Reformbühne 'Heim und Welt' im Berliner 'Kaffee Burger'. Jedes Frühjahr moderiert er die 'Lesershow' im Roten Salon in der Volksbühne. In Wirklichkeit ist er Arzt an der Berliner Charite.Anmerkungen:
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Jakob Hein
Mein erstes T-Shirt
EUR 10,00*