Haruki Murakami: Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede
Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede
Buch
- Originaltitel: Hashiru koto ni tsuite kataru toki ni boku no kataru koto
- Übersetzung: Ursula Gräfe
- DuMont Buchverlag GmbH, 01/2009
- Einband: Gebunden, Lesebändchen
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 9783832180645
- Bestellnummer: 4377159
- Umfang: 168 Seiten
- Sonstiges: 12 farb. Abb.
- Copyright-Jahr: 2008
- Gewicht: 340 g
- Maße: 217 x 147 mm
- Stärke: 23 mm
- Erscheinungstermin: 15.1.2009
Weitere Ausgaben von Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede
Kurzbeschreibung
Für Läufer und Leser: Murakamis persönlichstes BuchZwei Leidenschaften bestimmen Haruki Murakamis Leben: Schreiben und Laufen. Eines verbindet beide Tätigkeiten - ihre Intensität. Für Haruki Murakami bedeutet das Laufen ein zweites Leben, in dem er sich Kraft, Inspiration, vor allem aber die Zähigkeit zum Schreiben holt.
Der Einfall und Entschluss, Romanautor zu werden, kam ihm beim Sport. Das viele Sitzen am Schreibtisch gleicht er mit dem Laufen aus. Nach langsamen ersten Schritten hat er sich in den vergangenen dreißig Jahren professionalisiert: Längst sind zu den jährlichen Marathons auch Triathlonwettbewerbe und Ultralangläufe von 100 Kilometern hinzugekommen.
Haruki Murakami erzählt eindringlich und komisch von seinen Frustrationen und vom Kampf gegen das stets lauernde Versagen und wie er es überwindet. Denn für ihn bleibt das Laufen ein großes, wortloses Glück.
Für seinen Grabstein wünscht er sich die Inschrift:"Haruki Murakami 1949-20xx, Schriftsteller (und Läufer) - Wenigstens ist er nie gegangen".
Auszüge aus dem Buch
Haruki Murakami"Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede
Vielleicht wirkt es ein bisschen albern, wenn ein Mann in meinem Alter so etwas immer wieder schreibt, aber um es ganz klarzustellen: Ich bin ein Mensch, der besonders gern für sich ist. Oder noch präziser ausgedrückt: Es bereitet mir keinerlei Unbehagen, allein zu sein. Ich finde es weder schwierig noch langweilig, am Tag ein oder zwei Stunden allein zu laufen und dann vier oder fünf Stunden allein am Schreibtisch zu sitzen. Schon in meiner Jugend hatte ich diese Neigung. Vor die Wahl gestellt, habe ich es immer vorgezogen, ein Buch zu lesen oder allein Musik zu hören, statt mit anderen zusammen zu sein. Mir fiel immer etwas ein, was ich allein tun konnte.
Dennoch habe ich jung geheiratet (mit zweiundzwanzig) und mich allmählich an das Zusammenzuleben mit einem anderen Menschen gewöhnt. Nach dem Studium führte ich ein Lokal und lernte, wie wichtig es ist, mit anderen auszukommen, und dass wir - versteht sich - allein nicht überleben können. So erfuhr ich, wenn auch auf meine etwas unorthodoxe Weise, was es heißt, ein soziales Wesen zu sein. Rückblickend ist mir klar, dass sich in meinen Zwanzigern meine Weltsicht änderte und ich menschlich reifer wurde. Indem ich vieles ausprobierte, erwarb ich die praktischen Fähigkeiten, die ein Mensch zum Überleben braucht. Ohne diese zehnjährige Lebenserfahrung hätte ich womöglich nie einen Roman geschrieben, oder es wäre, selbst wenn ich es versucht hätte, nichts daraus geworden. Dennoch verändert sich der Charakter eines Mensch nie ganz drastisch. Der Wunsch, allein zu sein, ist mir unverändert eigen. Deshalb ist auch die eine Stunde am Tag, die ich schweigend und für mich verbringe, von so großer Bedeutung für mein psychisches Wohlergehen. Beim Laufen muss ich mit niemand em reden und niemandem zuhören. Ich brauche nur auf die vorüberziehende Landschaft zu schauen. Um nichts in der Welt würde ich diese kostbaren Momente eintauschen.
Häufig werde ich gefragt, woran ich beim Laufen denke. Meist haben die Menschen, die diese Frage stellen, selbst keine Erfahrung im Langstreckenlauf. Jedes Mal denke ich angestrengt darüber nach. Was denke ich denn eigentlich so, wenn ich laufe? Ehrlich gesagt, kann ich mich überhaupt nicht daran erinnern.
An kalten Tagen denke ich ein bisschen an die Kälte und an heißen Tagen an die Hitze. Wenn ich traurig bin, denke ich an die Traurigkeit, und wenn ich froh bin, an die Freude. Oder es kommen mir - ich schrieb es schon - irgendwelche belanglosen Erinnerungen an früher. Hin und wieder (ganz selten) taucht eine Idee für einen Roman in meinem Kopf auf. Doch abgesehen davon denke ich wirklich so gut wie nichts.
Wenn ich laufe, laufe ich einfach. Normalerweise in einer Leere. Oder vielleicht sollte ich es lieber umgekehrt ausdrücken: Ich laufe, um Leere zu erlangen. Aber natürlich schlüpft stets der eine oder andere Gedanke in diese Leere. Klar, denn in den Herzen der Menschen kann es keine wahre Leere geben. Der menschliche Geist ist nicht stark genug, um ein echtes Vakuum zu halten, und auch nicht so konsequent. Ich sage nur, das ich die Gedanken (Ideen), die beim Laufen in mein Bewusstsein dringen, dieser Leere untergeordnet sind. Sie haben keinen Inhalt, sie tauchen auf und umkreisen die Leere wie eine Achse."
Biografie (Haruki Murakami)
Haruki Murakami, geboren 1949 in Kyoto, die Eltern sind Lehrer für japanische Literatur. Studium der Theaterwissenschaften und des Drehbuchschreibens in Tokyo, aufkeimendes Interesse an amerikanischer Literatur und Musik. 1974 Gründung des Jazzclubs 'Peter Cat', den er bis 1982 betreibt. 1978 erste erfolgreiche Buchveröffentlichung. In den 80er Jahren dauerhaft in Europa ansässig (u.a. in Frankreich, Italien und Griechenland), geht er 1991 in die USA, ehe er 1995 nach Japan zurückkehrt. 2006 erhielt Haruki Murakami den Franz-Kafka-Literaturpreis. 2009 wurde ihm der Jerusalem Prize für sein literarisches Werk verliehen und 2014 wurde Haruki Murakami mit dem "Welt"-Literaturpreis ausgezeichnet.Biografie (Ursula Gräfe)
Ursula Gräfe, geboren 1956 in Frankfurt am Main, studierte Japanologie und Anglistik und arbeitet seit 1988 als Literaturübersetzerin. Sie hat u.a. Werke von R.K. Narayan, Haruki Murakami, Yasushi Inoue und Kenzaburo Oe ins Deutsche übertragen, ist Autorin einer Buddha-Biographie und Herausgeberin mehrerer Anthologien. Jedes Jahr verbringt sie einige Zeit in Asien, vor allem in Indien. Ursula Gräfe lebt in Frankfurt am Main.Anmerkungen:
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