Fritz Roth: Das letzte Hemd ist bunt
Das letzte Hemd ist bunt
Buch
- Die neue Freiheit in der Sterbekultur
- Campus Verlag GmbH, 09/2011
- Einband: Gebunden, ,
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 9783593394763
- Bestellnummer: 9474268
- Umfang: 189 Seiten
- Copyright-Jahr: 2011
- Gewicht: 385 g
- Maße: 222 x 152 mm
- Stärke: 23 mm
- Erscheinungstermin: 12.9.2011
Kurzbeschreibung
"Fritz Roth hat der Bestatterszene ganz schön Leben eingehaucht." FAS"Der Tod ist der beste Lehrmeister zu bürgerlichem Ungehorsam." FritzRoth
Unser ganzes Leben lang streben wir nach Selbstbestimmtheit und Autonomie. Doch als Trauernde lassen wir uns unsere Toten stehlen. Wir haben gelernt, zu delegieren, uns auf "Experten" zu verlassen. Und spätestens, wenn wir persönlich mit dem Verlust eines nahe stehenden Menschen konfrontiert sind oder wenn uns eine lebensbedrohliche Krankheit überkommt, erkennen wir schmerzlich, dass die alten Rituale nicht mehr passen.
Wir sind als Individuen und auch als Gesellschaft gefordert, eine neue Sterbe- und Trauerkultur zu entwickeln. Wollen wir unser Leben (bis zum Ende) gestalten oder nur verwalten? Wie ist es um den Wert der Individualität bestellt, wenn wir sie im entscheidenden Moment verschenken? Trauer sollte wie jede Krise nicht als lästiges Hindernis, sondern als langer Weg einer Veränderung verstanden werden. Dann erst können wir die Chancen dieser Erfahrung nutzen und erkennen: Auch allem Ende wohnt ein Zauber inne.
Inhaltsangabe
InhaltVorwort 11
Teil I
1. Der fremde Tod 19"Outsourcing" des Sterbens 19
Die enteigneten Toten 22
Hilflose Trauer 25
2. Die stille Revolte 28
Vom Unbehagen zum Ungehorsam 28
Individuelle Freiheit und ihre Grenzen 30
Krisen in Perspektiven wandeln 32
3. Gemeinsam einsam 34
Der Tod "in Nahaufnahme" 34
Kult und Kultur des Sterbens 35
Wir konsumieren uns zu Tode 37
Moderne Gesellschaft - moderne Ängste 43
4. Memento mori: ein Blick zurück 47
Die Bedeutung von Totenritualen in der Geschichte 47
Das Individuum und das kollektive Gedenken 49
Der Tod als Weltverbesserer 51
5. Den Tod neu denken 55
Ungewissheiten aushalten 55
Trauer-Power: Die Kraft der Trauer 56
Teil II
6. Der Trauer eine Heimat geben 63
Ein Ort der Begegnung 63
Ein Trauerritual ist wie ein Bilderrahmen 66
Trauer braucht Vertrautheit 69
Sich Zeit nehmen zum Trauern 74
7. Der Tod und die Liebe 78
Was Sterbehemd und Brautkleid gemein haben 78
Abschied als Anfang einer neuen Verbundenheit 82
Geteilte Erinnerungen 84
Trauerzeit ist Lebenszeit 87
8. Jeder Abschied ist einzigartig 90
Individuelle Gestaltung statt Pomp 90
Kreativer Ungehorsam 93
Trauer ist ein Reifeprozess 96
9. Verwandlungen 100
Lebendigkeit ist unsterblich 100
Zeit für die großen Fragen 102
Teil III
10. Der Tod als Lehrmeister 107
Die a-mortale Gesellschaft 107
Vom Wert der Bindung 109
Leben in der Gegenwart 111
Unendliche Erwartungen 111
Verluste akzeptieren 113
Die Angst vor dem Alter 114
Grenzen der Kontrolle 114
11. Krise und Aufbruch 117
Krisenbewältigung als Lebenskompetenz 117
Die Unvorhersehbarkeit von Krisen 120
12. Verdrängte Verluste 123
Königsdisziplin Change Management 123
Der Aufstand des Individuums 125
Der Preis der Flexibilität 126
Die Kehrseite der Veränderungen 128
Überlebenden-Depression 130
13. Der Tod und sein Preis 133
Die Kosten-Nutzen-Brille 133
Friedhofszwang versus Vielfalt 135
Die TrauerOase 136
14. Der letzte Wille (Sterben und sterben lassen) 137
Hilfe für die Hinterbliebenen 137
Selbstbestimmung am Ende des Lebens 138
Teil IV
15. Aus dem Schatten der Trauer 145
Die guten Ratschläge der anderen 145
Credo ergo sum 146
Die Bedeutung von Trauergruppen 149
Wer macht den ersten Schritt? 151
Berufsvorbereitung für Trauerbegleiter 152
Der Tod kommt immer unerwartet. Über Selbstverständlichkeiten und Tabus153
16. Individuelle Abschiede 155
Der Tod hat viele Farben 155
Fünf Tage Abschied 156
Das eigene Hemd 157
Ein Fest für Horst 158
Reisebegleiter 159
Ahnengalerie 161
Ein Stein als Skulptur 161
Fußball für immer 162
Digitale Ewigkeit 163
Der letzte Tag - und ein Koffer 164
Ein handbemalter Sarg 165
Darf man erleichtert sein, wenn jemand stirbt? 166
Wenn Kinder trauern 168
17. Traueralltag am Arbeitsplatz 171
Funktionieren um jeden Preis 171
Verantwortung der Unternehmen - auch im eigenen Interesse 172
18. Fazit - Der Tod gehört ins Leben 175
Leseempfehlungen 184
Weitere Quellen und Artikel 188
Auszüge aus dem Buch
VorwortEine stille Revolte ist im Gang gegen die Vorschriften und Verordnungen zur Sterbekultur. Noch regieren Technik, Konventionen und Standards dort, wo wir selbst nicht steuern und gestalten können oder wollen. Der Tod wird, wie so vieles, "hergestellt". Dabei brauchen wir viel mehr Auseinandersetzung und Nähe, damit wir die Realität des Todes erfahren können. Denn eines ist gewiss: Entgehen werden wir dem Tod und der Erfahrung, Abschied nehmen zu müssen, nicht.
Vor nicht allzu langer Zeit lag in unseren Wäscheschränken das Totenhemd obenauf. Die Botschaft war klar: Mensch, bedenke, dass Du sterblich bist - memento mori. Die allermeisten unserer Zeitgenossen wussten mit diesem Satz jahrzehntelang nichts mehr anzufangen. Ich bin sicher: Das ist - wenn nicht Ursache - dann doch zumindest Ausdruck vieler krisenhafter Zuspitzungen, die uns heute beunruhigen.
"Wer bremst, verliert": Viel zu lange galten die Mantren eines auf messbare Leistungsfähigkeit reduzierten Menschenbildes außerhalb religiöser oder esoterisch geprägter Kreise als alternativlos. Zu viel Nachdenklichkeit war etwas für Spaßbremsen und Warmduscher, der Tod fand in Hollywood statt und in den Nachrichten. Das eigene Ende war kein Thema, bevor es nicht in greifbare Nähe rückte - und selbst dann nicht immer.
So viel Ignoranz hat unterschiedlichste, weit unterschätzte Folgen. Den beiden wichtigsten möchte dieses Buch entgegenwirken: Der Not der Hinterbliebenen und dem Niedergang der gerade heute wichtigen Kultur der Bewältigung von Verlusten.
Trauer braucht eine Heimat. Trauernde brauchen in besonderem Maß die Gewissheit des Geborgen- und Akzeptiertseins, um die erforderliche Ruhe für einen konstruktiven Trauerprozess zu finden. Diese Heimat boten bis vor nicht allzu langer Zeit traditionelle Gemeinschaften: Familie, Nachbarschaft und Gemeinde. Doch sie sind auf dem Rückzug. Und unsere gesellschaftlichen Institutionen springen nicht in die Bresche, sondern vernachlässigen ihre Fürsorgepflicht.
Der Tod braucht einen Platz im Leben. Die Ausgrenzung von Sterben und Tod hindert Hinterbliebene am bewussten Umgang damit und trägt so die Hauptschuld an individuellen und gesellschaftlichen Folgeschäden. Fix it, sell it or close it, sagt die Management-Ikone Jack Welch: Jede starrsinnig auf Wachstum fixierte Gesellschaft verdrängt Verlusterfahrungen. Wer nicht (mehr) leistet, passt nicht ins System und wird an den Rand gedrängt.
Doch selbst aus kühler, rein betriebs- oder volkswirtschaftlicher Sicht ergibt eine solche Maxime keinen Sinn. Denn ein bewusst gelebter Trauerprozess verläuft erheblich schneller und konstruktiver und schafft so die schnellstmögliche Reintegration Hinterbliebener in die Wertschöpfungskette. Weil aber die Gesellschaft wegsieht, bezahlt die Volkswirtschaft. Etwa 800?000 Menschen sterben in Deutschland jährlich. Nimmt man an, dass jeder von ihnen nur fünf trauernde Ehepartner, Kinder, Freunde hinterlässt, dann sind das jährlich vier Millionen Betroffene. Darunter unzählige Arbeitnehmer, die nur bedingt leistungsfähig sind, Patienten, die Therapie oder Psychopharmaka benötigen. Die sprunghaft ansteigenden Fallzahlen Depressiver und Burn-out-Betroffener sind in aller Munde. Ich bin überzeugt, dass verdrängte Trauer einen weit unterschätzten Anteil an diesen Phänomenen hat. Nicht nur, weil wir unfähig geworden sind, Trauernden zur Seite zu stehen. Sondern auch, weil wir selbst die enorm wichtigen und lehrreichen Erfahrungen bewussten Trauerns nicht zur Entwicklung unserer Persönlichkeit nutzen.
Die fundamentale Verlusterfahrung beim Tod eines nahestehenden Menschen lehrt - wenn sie angenommen und bewusst verarbeitet wird - den richtigen Umgang mit Brüchen anderer Art: Scheidungen, Job- und andere wirtschaftliche Verluste werden weniger fatal empfunden und besser verarbeitet. Die gesellschaftliche Verdrängung der Trauer bereitet den Boden für irrational-fatalistische lähmende Grundstimmungen, wi
Biografie
Fritz Roth, geb. 1949, arbeitete als Unternehmensberater, bevorer Trauerpädagoge wurde und ein Bestattungshaus in Bergisch-Gladbach übernahm. Der "Pionierdes deutschen Bestattungswesens" gilt vielen Kollegen zugleichals Enfant terrible der Branche. Er gründete den ersten privaten Friedhof Deutschlands, Zehntausende Manager, Theologen, Mediziner, Verbände und Jugendliche besuchen jährlich sein "Haus der menschlichen Begleitung". Der Autor mehrerer Bücher zum Thema Trauer erklärte den Tod für die "Sendung mit der Maus" und ist ein gefragter Redner.Anmerkungen:
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Fritz Roth
Das letzte Hemd ist bunt
EUR 22,95*