Für den amerikanischen Markt geschrieben
Dieses Buch gibt eine unglaublich umfangreiche Übersicht an (meist amerikanischen) Gitarren aller existierenden Jahrgänge und ihre momentanen Preise auf dem amerikanischen Markt. Die Preise sind in Zusammenarbeit mit einer Liste amerikanischer Händler ermittelt worden (also keine ebay Schnäppchen, sondern offizielle Preise von wahrscheinlich echten Instrumenten in ausgezeichnetem Zustand). Zudem gibt es eine Kurve, die die Preisentwicklung der 42 beliebtesten Vintage Instrumente von 1991 bis heute wiedergibt (fast alles Fender, Gibson und Martin Modelle). Sehr gut gemacht.
Allerdings - und deswegen bewerte ich nur mit 4 Punkten - sind die 42 Fender/Gibson/Martin Gitarren nicht repräsentativ für alle Gitarren. Wenn man die Preisentwicklung einer Gitarre über einige Jahre verfolgen möchte, findet man keinen Anhaltspunkt in diesem Buch. Man muß alle vergangenen Jahrgänge kaufen (teilweise vergriffen). Ein paar repräsentative Zahlen neben dem aktuelle Preis würden das Buch erheblich nützlicher machen.
Wenn man die gelisteten Preise durchsieht, muß man auch berücksichtigen, daß dieses Buch für den amerikanischen Markt geschrieben ist - ich habe das Wort 'amerikanisch' bisher bewußt oft benutzt. Gitarren werden in den USA viel, teilweise sehr viel günstiger gehandelt, als in Europa und besonders in Deutschland. Davon leben hier nicht wenige Händler. Auf jeden Fall muß man Versand/Versicherung (manchmal absurd hoch), Steuer und Zoll bedenken (zusammen mindestens 30 - 35% des Preises), plus die Händler Marge (nochmal 100% drauf :o). Eventuell auch $-Kursschwankungen. Die waren in den letzten 10 Jahren durchaus bemerkenswert.
Wer also glaubt, hier eine 1962 Gibson ES 335 für die gelisteten 15.000$ zu bekommen, wird feststellen, daß er hier leicht den doppelten Wert in Euro berappen muß. Es ist auch ein großer Unterschied, ob man hier ein Instrument kauft, das vor 20 oder 30 Jahren importiert wurde, oder vor kurzem. 30% von 400 Mark sind eben viel weniger Nebenkosten als 30% von 10.000 Euro. Oder ob man von privat kauft oder einen Händler seines Vertrauens (hust) mit ins Boot nimmt.
Man soll aber auch nicht glauben, daß die Käufer nur darauf warten, das Instrument vom Dachboden für 10.000 Euro zu kaufen. Hier geht es nicht wie an der Börse. Bis man einen Interessenten gefunden hat, der so viel Geld für eine alte Klampfe bezahlt, geht schon mal leicht ein Jahr oder mehr ins Land. Vielleicht findet man auch überhaupt keinen Käufer, denn das Preisniveau für gute Gitarren ist inzwischen schon sehr hoch. Oder die eigene Gitarre ist schwarz, während die hoch bezahlten Farben nur rot oder Sunburst sind.
Fälschungen gibt es natürlich bei diesen Preisen ebenfalls.
Die Preise in dem Buch für amerikanische Instrumente sind also für uns überwiegend zu niedrig angegeben - wie gesagt 30% bis über 100%. Die der europäischen Marken dagegen eher zu hoch.
Das ist aber alles nicht die Schuld der Autoren, die ja für den amerikanischen Markt schreiben. Das muß einem Käufer hier bewußt sein. Die Benutzung des Buches erlaubt also nur eine grobe Schätzung der europäischen Preise. Die Frage ist mehr, wo die Autoren stecken, die so eine Preisliste für den Europäischen Markt schreiben?
Bedarf wäre offensichtlich da.