Eine gelungene Werkschau
Wer immer noch dem Ende von Little Feat nachtrauert, könnte bei der Musik der (New Orleans) Radiators Trost finden. Die "Radz" hatten sich ebenfalls den Status einer Kultband erarbeitet, leider nicht in dem Umfang wie Little Feat. Das liegt zuerst wohl daran, dass ihre Songs keine so eingängigen Hooklines wie "Dixie Chicken", "Skin It Back" oder "Fat Man" usw. aufweisen. Die Songs der Radiators bleiben nicht sofort beim ersten Mal im Ohr hängen, aber mit jedem weiteren Hören gewinnen sie an Format und machen Laune auf mehr. Auch konnten sie keinen so charismatischen Frontmann wie Lowell George aufweisen, auch wenn der Pianist Ed Volker fast alle Titel der Band geschrieben hat und maßgeblich zum Gesang beisteuerte. Erstaunlich ist die musikalische Virtuosität der Radiators und das absolut perfekte Zusammenspiel. Kein Wunder; hat die Band doch über die Jahrzehnte aus der immer gleichen Besetzung bestanden.
Die beiden Doppel-CDs "Wild And Free" I & II beinhalten überwiegend Liveaufnahmen aus den Jahren 1978 bis 2011. Was nur folgerichtig ist, da sich die Qualitäten der Band vor allem bei Clubauftritte (z.B. regelmäßig im "Tipitina's") richtig entfalten konnten.
Apropos New Orleans: nix mit Mardi-Gras-Musik o.ä., auch wenn sich gelegentlich mal ein Second Line-Rhythmus einschleicht.
Für Einsteiger empfehle ich das Album "New Dark Ages", da hier die Anklänge an Little Feat am deutlichsten zum Tragen kommen. Leider sind viele Platten der " Radz" heute nicht mehr erhältlich. Auch hatten sich die Musiker bereits in den Ruhestand verabschiedet. Sie hatten sich dann aber 2014 extra noch einmal zusammen gefunden für einen Auftritt in der großartigen HBO TV-Serie "Treme", die in New Orleans nach Katrina spielt (mit ganz viel Musik; in Deutschland aber leider nie erschienen).
Die beiden Doppel-CDs "Wild And Free" I & II stellen somit eine Werkschau der Radiators dar, bei der es sich unbedingt lohnt, mal reinzuhören.