Musik für die Ewigkeit
Immer schon eines meiner Alben für die einsame Insel, und auch eines, an das ich mich schon was den Kauf der originalen Langspielplatte angeht, immer erinnern werde. Das Original auf Harvest Records Germany (1 C 062-29 433, 1972) war schon vor über 35 Jahren kaum bezahlbar. Nachdem mich mein langjähriger Musikkumpel Randy Monk damals schon mit einer Tonbandaufnahme des Albums verführt hatte, gab es bei mir nur noch die Hoffnung, diese Platte eines Tages mal zu besitzen. Dann fand ich mich irgendwann im Plattenladen von Randy Monk wieder, wo gerade sein Geschäftspartner Yves mit einer frischen Ladung Platten-Raritäten von einer deutschen Plattenbörse zurückgekommen war. Als Stammgast und Freund durfte ich natürlich gucken, und dann packte Yves diese LP aus seinem alternativen "Atomkraft - Nein Danke" Stoffbeutel raus. An den Beutel kann ich mich noch genau erinnern, mit solchen Dingern lief damals ja bald jeder rum. Mir fiel buchstäblich das Herz in die Hose.
Das Original auf EMI Harvest Records Deutschland (1C 062-29 433), in perfektem neuwertigen Zustand - Hülle wie LP, samt Innersleeve ohne nennenswerten Abnutzungen, als wäre sie neu und praktisch unangetastet jahrelang in einem Schrank versteckt gewesen. Ich durfte sie in meinen Händen halten und Yves legte sie dann auch im Laden auf - für alle Kunden zum Mithören, und zwar nicht die A-Seite, wie sich das gehört, sondern gleich die B-Seite mit dem gleichnamigen über 20 Minuten langen Titelstück, das mich seit dem ersten Hören nicht mehr losgelassen hat. Ich war hin und weg. Und als nach einer gefühlten Ewigkeit endlich der Sänger anstimmte, sang ich gleich mit..."Gravediggers Arm is waiting for you"...dabei lag die LP-Hülle auf dem Verkaufstresen und daneben das in der LP enthaltene schwarz/weiss Faltposter der Band, heute wohl auch bei Ebay-Angeboten des Originals stets fehlend.
Letztlich leierte ich Yves die LP aus dem Kreuz, nachdem ich gefühlte Stunden lang wie ein Süchtiger, der nach seinem Stoff hechelt, darum gebettelt hatte und es ist bis heute die LP, für die ich am meisten habe bezahlen müssen: Auf heutige Verhältnisse umgerechnete 100 Euros wollte er dafür. Natürlich ein totaler "Freundschaftspreis", das versteht sich doch von selbst. Seit 1981 steht das Original jetzt bei mir, hat einen unstaubbaren Ehrenplatz in einem dicken Hüllen-Panzer aus Kunststoff und wird schon lange nicht mehr aufgelegt, sondern nur noch ab und zu herausgezogen und bekuckt, beschnuppert und begutachtet.
Ein paar Jahre später kam die LP dann endlich auch mal als CD heraus, und zwar auf dem für seine teils unsäglich schlechten LP-Ueberspielungen bekannten Berliner SPM Label, eigentlich einem Bootleg-Label, welches das Album aber trotzdem gar nicht mal schlecht erklingen liess, da es doch als vielleicht einzige CD dieses Labels von irgendwelchen Tonbändern überspielt worden war (CDF 670362, erschienen 1988). Diese CD besass ich mangels offiziellem CD-Release und besserer Ueberspielung drei Jahre lang. Dann kam - ebenfalls wieder aus dem Hause SPM, diesmal unter der Flagge WWR (World Wide Records), was letztlich dasselbe Bootleg-Label war - eine neuerliche CD-Variante heraus, dieses Mal angereichert durch zusätzliche, auf dem originalen Album nicht enthaltene Bonustracks. Diese CD-Variante besitze ich bis heute, und erstaunlicherweise hört sich die auch richtig gut an (SPM WWR-CD-0035). Das Bestmögliche, was zu kriegen war halt. Und obschon ein Bootleg, musste ich das Ding einfach haben - ich konnte nicht anders. Ich kaufe sonst eigentlich grundsätzlich nie Bootlegs oder nicht koschere Platten, bei denen man schon fast dran tippen kann, dass die Rechteinhaber - allen voran die Musiker und Komponisten der Werke - keine Entschädigung erhalten.
Das ist vielleicht, wie wenn ein Whiskeykenner seinen geliebten Single Malt nicht kriegt, und darum notgedrungen auf einen Bourbon zurückgreifen muss...nicht wegen des Geschmacks, sondern wegen der Sucht....Diese CD Version wurde wie gesagt erstmals angereichert mit Bonus Tracks, und zwar mit Einspielungen, die vielleicht nicht grad erstklassig waren, ausser dem Track "Yesterday Has Turned To Shapeless Life" vielleicht, von dem es da zwei Versionen zu hören gab: Eine gesungene und eine instrumentale. Diese in den 80er Jahren entstandenen Titel passten denn auch nicht wirklich zum Gesamtbild der auf der originalen LP enthaltenen Tracks. Diese Version der CD muss man aber wohl trotzdem behalten, denn auf dem hier nun vorgestellten neuerlichen Remaster von 2013 sind diese Stücke nicht enthalten.
Das im Titel referenzierte 2013er Remaster nun: Das ist schlicht ein Meilenstein guter Musik. Erstmals kriegt man auf einer Doppel-CD die ganze LP remastered, von wirklich aussergewöhnlichem Klang, der vor allem im 20 Minuten langen Titelstück zum tragen kommt, weil das Stück fast ausschliesslich aus ruhigen, spärlich instrumentierten Passagen besteht. Der originalen CD folgt auf der dem Package beigelegten Bonus CD die gesamte originale Platte noch zusätzlich in neuen "Remixen". Mache ich sonst um solche nachträglich veränderten Songs einen weiten Bogen, komme ich hier aus dem Staunen nicht mehr heraus. Da wurden Streicher dazugenommen, die bei der ursprünglichen Fassung zwar schon geplant, aber nicht realisiert werden konnten, weil dies zeitlich nicht umsetzbar war damals, und weil vermutlich auch das Budget dafür letztlich nicht ausreichte. Man muss wissen, dass die gesamte originale LP damals in rasanten 16 Stunden im EMI Electrola Tonstudio Maarweg in Köln aufgenommen wurde. Das alleine ist zwar noch kein gesichertes Indiz für eine hohe Qualität sowohl der Musiker wie der Songs. Es zeugt eher vom schmalen Budget einer Band, der damals oft nur wenige Stunden oder bestenfalls einige Tage Studiozeit zur Verfügung standen, um sämtliche Aufnahmen für eine Platte einzuspielen. Im Falle von Janus jedoch brachte das einen relativ grossen Live-Charakter in die Stücke, manches wurde auch nur wenige Male gespielt, bevor es auf Band verewigt worden war. Dadurch wirkt die Musik auf "Gravedigger" jederzeit recht spontan und von "live"-artigem Charakter.
Alleine die neue (alte) Remix-Version des Titelsongs lohnt den Kauf dieser bislang aktuellsten Variante des Album als hochoffizielle Doppel-CD Edition, dies auch deshalb, weil diese Remixe nicht von irgendeinem technikgeilen Neuzeit-Freak gebastelt wurden, sondern von den originalen Bandmitgliedern, allen voran dem Gitarristen Colin Orr, der die Gelegenheit nutzte, die Stücke so zu arrangieren, wie sie damals eigentlich für die Endfassungvorgesehen gewesen wären, hätte die Band genügend Zeit und Budget gehabt.
Zusätzlich zum originalen Album in den zwei Varianten "Remaster" und "Remix)" enthält diese Doppel-CD noch die saurare 1972er Single "I´m Moving On" samt B-Seite "I Don´t Believe You", sowie zwei Tracks, von denen die ursprünglichen Master-Tapes verlorengegangen waren: "Suma Manatilly" und "Sinful Sally". Diese beiden Titel hat die Band 2012 deshalb noch einmal neu eingespielt, auch, weil sie damals Bestandteil ihrer Live-Shows waren. Zur Neuaufnahme des Stücks "Sinful Sally" gesellte sich an den Keyboards auch noch Hans Jürgen Fritz (besser bekannt als "Porky" von der Gruppe Triumvirat).
"Gravedigger" ist für mich ein Album für die Ewigkeit.