Der tolle zweite Teil einer fantastischen Reihe
Zuerst einmal wieder, wie sich das gehört, ein herzliches Dankeschön an den arsEdition Verlag für das Überlassen dieses zweiten Teils der Trilogie um den mysteriösen Mr. Spines. Ich habe das Buch förmlich verschlungen und mir macht es große Freude, die qualitativ hochwertigen Bücher dieses Verlages anderen Lesern vorzustellen.
!!!Achtung!!!
Der nachfolgende Text enthält Inhalte aus dem ersten Band. Wer den ersten Band noch nicht kennt und sich die Spannung erhalten möchte, sollte jetzt nicht weiterlesen.
Die Geschichte geht in Woodbine weiter, dem Ort, an den alle Menschen kommen, bevor sie endgültig sterben und in die höheren Sphären aufsteigen, außer verstorbenen Babys, die direkt aufsteigen.
Der Sinn des Aufenthalts in dieser ersten Ebene des Nachlebens, so wird Edward von den Bewohnern Woodbines erklärt, liegt darin, dass man noch unerledigte Aufgaben vollenden kann, Irrtümer korrigieren, ehemaliges Fehlverhalten wiedergutmachen usw.
Nach dem Fall des Schakals, einst der beste und mächtigste Wächter, durch den alle sieben Brücken, über die man normalerweise in die höheren Sphären aufsteigen konnte, zerstört wurden, lebt dieser dort und hält Edwards Mutter - die dort als unerschrockene Heldin von allen verehrt wird - gefangen. Er hat eine ganze Armee von Gefallenen um sich versammelt und versucht, mit seinem bösen und rachsüchtigem Wesen auch alle anderen zum Bösem zu ziehen. Menschliche Charakterfehler wie Neid oder Hochmut, die jeder in gewissen Situationen mal temporär verspürt, weiß der Schakal gnadenlos für seine Zwecke auszunutzen und wie ein schleichendes Gift - mit der i.d.R. auch eine körperliche Verwandlung zu einem hässlichen Monster einhergeht - zu verbreiten, bis er die bedauernswerten Wesen ganz auf seine Seite gezogen hat.
Edward erfährt aber noch so einiges mehr: ausgerechnet er soll laut einer Prophezeiung derjenige sein, der die Brücken wieder aufbauen soll und damit nicht genug. Mr. Spines, der alle äußerlichen Anzeichen der Gefallenen, den Helfershelfern des Schakals, aufweist, ist sein Vater und hat Edward aus übergroßer Liebe zu Edwards Mutter verraten und dabei ihren Tod zu verantworten. Zeit, das Ganze zu überdenken und zu verarbeiten, hat er aber auch nicht, denn Whiplash Scruggs ist ihm dicht auf den Fersen, um durch das Abschneiden von Edwards Flügel die Erfüllung der Prophezeiung zu verhindern.
Gerade hat er Vertrauen zu dem freundlichen Faunehepaar und ihrer Nichte Bridget gefasst, andere Wächter und deren Aufgaben, die ja dann auch auf ihn warten, kennengelernt und freut sich erwartungsvoll darauf, erstmal das Fliegen zu erlernen, da müssen sie auch schon Hals über Kopf vor den Schergen des Schakals wieder fliehen. Edward sieht sich rasch gezwungen, Fähigkeiten einzusetzen, von denen er bislang nicht einmal wußte, dass er sie hatte und muss sich immer wieder neu entscheiden, wem er vertrauen kann und wo besser Vorsicht angesagt ist.
Mehr soll der rasanten Geschichte nicht vorgegriffen werden, auf der auf jeder Seite und in jedem Kapitel mehr passiert als in manchen Büchern während des ganzen Romans.
***Stilistische Besonderheiten***
Wie schon beim ersten Band "Wings" hatte ich als Erwachsene das Buch sehr rasch durchgelesen und habe dadurch meine Rechnung für heisses Badewasser ganz sicher gut in die Höhe getrieben. Es war halt einfach zu spannend, um aufzuhören mit dem Lesen.
Ich denke, das wird auch den 10-11jährigen Lesern ähnlich gehen. Daher mal nicht allzu sehr schimpfen, wenn der junge Leser kein Ende findet.
Die Probleme und Schwierigkeiten werden wie schon im ersten Band in bewährter Manier bewältigt: Probleme tauchen auf, werden erkannt und ohne großartiges Zögern angepackt. Das passt also haargenau in die Erlebnis- und Erfahrungswelt dieser Altersgruppe, die sich noch nicht so wie die Erwachsenen in philosophischen und moralischen Gedanken verfransen und sich damit nur allzu oft selbst lähmen.
Auch wird dieses aktive und agile Verhalten vom Autor selbst in der Geschichte propagiert: Edward hört immer dann auf zu stottern, wenn er sein Herz in beide Hände nimmt und einfach agiert. Und ganz allmählich steigt das Selbstbewußtsein unseres jungen Helden und er wächst buchstäblich mit seinen Aufgaben.
***Fazit***
Auch der zweite Teil dieser Trilogie hat mir sehr gefallen und bietet keine Problematiken, die ein Kind aus der empfohlenen Ziel-Lesegruppe nicht verstehen oder gedanklich nachvollziehen könnte. Vielleicht wird die eine oder andere Frage aufgeworfen, die dann an Mama und/oder Papa herangetragen wird, denn schließlich geht es außer um Spannung, Abenteuer, Freundschaft und Action auch um Leben und das Leben nach dem Tod. Aber man sollte Kinder in dem Alter auch nicht unterfordern und schon gar nicht unterschätzen, denn manchmal haben die Kids Lösungen und Erklärungen parat, über deren einfach umwerfende Logik wir Erwachsene nur staunen...und vielleicht sogar daraus lernen können.