Bei Elis Noa wird Electro-Pop manchmal zur Kunstform erhoben.
Es geht um nichts weniger als das Wesentliche: Was erwarte ich vom Leben? Bin ich glücklich oder habe ich mich nur mit meiner Situation arrangiert? Es geht in den Songs von Elis Noa also um (Innen-)Einsichten, Selbsteinschätzungen und Wünsche.
Der Name Elis Noa war ursprünglich ein wohlklingendes Wortspiel, hat also keine wirkliche Bedeutung. Es gibt nämlich keine Person dieses Namens im Umfeld der Musiker. Elis Noa kommt aus Wien und wird seit 2016 von der Sängerin, Keyboarderin, Gesangslehrerin und Komponistin Elisa Godino sowie dem Saxophonisten, Keyboarder, Produzenten und Komponisten Aaron Hader geleitet. Das Projekt wird noch durch Angel Vassilev (Keyboards) und Michael Schatzmann (Schlagzeug) komplettiert.
Die Künstler haben ein Konzept, denn sie möchten bedeutungsvolle Themen mit unterhaltend-reizvoller Pop-Musik verbinden. Dazu wählen sie ein luftig-raumfüllendes Ton-Gewand mit Schwerpunkt auf elektronischer Instrumentierung und hingebungsvollem Gesang.
Der Spoken-Word-Beitrag "What Do You Desire (Part One)?" leitet das Album eindeutig ein: "How Does It Feel To Be Afraid?" lautet eine der Fragen, die von den Musikern in diesem Epilog aufgeworfen werden, um den interessierten Hörer mit Normen und Werten zu konfrontieren.
Obwohl Synthesizer-Klänge bei "Nude" im Vordergrund stehen, hat der Titel eine warme, ja sinnlich-knisternde Ausstrahlung. Elisas Stimme agiert beweglich und klingt klar und ausdrucksvoll. Sie belebt dabei die Maschinen-Klänge und haucht ihnen erwartungsvolle Erotik ein.
Zwischen Orient und Okzident ist "Tell Me I'm Lying" angesiedelt. Exotisch anmutende Klänge tauschen sich mit gemäßigten Club-Sounds aus und führen zu Schwingungen, die universell einsetzbar sind.
"Still Nothing (Goddamn)" versucht sich in der Chillout-Zone anzusiedeln, scheitert aber letztlich daran, dass der Track keine besonderen Überraschungen bietet.
Anders ist das bei "Love Letter". Für diese Ballade wird der Gesang der hohen Tonlagen ab und zu lautmalerisch eingesetzt. Das hört sich dann wie ein arabisches Blasinstrument an.
"Devine" beginnt ruhig und langsam, versucht tendenziell auch in diesem Modus zu verweilen, wird aber mitunter durch pulsierende Synthesizer-Trommeln aus der Reserve gelockt.
"Hideaway" verbindet das Schummrige einer Late Night-Jazz Piano-Nummer variabel mit der Lässigkeit eines coolen Electro-Pop und "Stay And Watch" knüpft da an, wo "Hideaway" aufgehört hat, wobei der Dance-Pop-Anteil allerdings wesentlich erhöht wird. "Take My Hand" setzt im Gegensatz dazu auf würdige Intimität, benutzt aber auch Effekthascherei in Form von Stimmen-Verzerrung, um sich nicht in Gefühlsduselei zu verlieren.
Die Frage nach den Erwartungen in der Partnerschaft wird bei "What Do You Desire (Part Two)?" als Wortbeitrag aufgegriffen: Man plädiert für einen offenen, angstfreien Umgang miteinander. Die letzten zwei Minuten gehören "Try To Catch Me", einer raffiniert-subtilen Folk-Jazz-Ballade mit Weltmusik-Flair, die fein gesponnen, hypnotisch strukturiert und selbstbewusst umgesetzt wird.
Elis Noa agieren vorsichtig, wenn es darum geht, Electro-Pop zur Kunstform zu erheben. Es gibt zwar einen philosophischen Überbau, die Musik kann sich aber nicht immer eindeutig von den aktuellen Konventionen der Club-Szene lösen. Aber es gelingt doch einige Male, ausgetretene Pfade zu verlassen (schließlich haben Elisa und Aaron Jazz studiert, sie können sich also in komplexen Strukturen bewegen). Dann zeigt Elis Noa Klasse, Eleganz, Feingefühl und Esprit.