Charlemagne Palestine: Charrrlleemmma Gggneelanddddds SS"""""" (...) auf LP

DINGGGDONGGGDINGGGzzzzzzz! Auf der neuesten Platte des in Brooklyn geborenen Komponisten Charlemagne Palestine (geb. 1947) finden sich zwei faszinierende Werke für das Carillon, einen tastaturgesteuerten Glockenturm, der im 16. Auf Seite A ist ein neues Stück zu hören, das im belgischen Studio des Künstlers aufgenommen wurde, einem Paradies mit hohen Decken und ausgestopften Tieren, das er Charleworld nennt, zusammen mit Freunden und »Divinities«, wie er die Tausende von Plüschtieren nennt, die er seit den 60er Jahren angesammelt hat.

Auf der anderen Seite erscheint die allererste und lange vergriffene Veröffentlichung von Blank Forms Editions zum ersten Mal auf Vinyl: eine kathartische Straßenaufnahme der musikalischen Laudatio des minimalistischen Komponisten für seinen verstorbenen Freund Tony Conrad aus dem Jahr 2018, gespielt auf den Glocken der St. Thomas Episcopal Church, wo sich die beiden zum ersten Mal trafen. Zwei hypnotisierende »klanggdedangggebannggg«-Sessions im unverwechselbaren improvisatorischen Stil des Quasimodo der 53rd Street. Vielleicht mehr als jeder andere seiner Zeitgenossen in der geschäftigen, interdisziplinären New Yorker Kunstszene der 60er und 70er Jahre hat Charlemagne Palestine die Vorstellung vom Künstler als spielerischem Universalgelehrten verkörpert, der in seiner mehr als sechs Jahrzehnte währenden Karriere nahezu jede erdenkliche kreative Form erprobt und überwunden hat. Ursprünglich als Kantor für jüdischen Kirchengesang ausgebildet, begann er sein künstlerisches Leben als Musiker, studierte Klavier und Akkordeon, begleitete Figuren wie Tiny Tim und Allen Ginsburg auf dem Schlagzeug, benutzte frühe Synthesizer als Assistent von Alwin Nikolais und landete schließlich einen langjährigen Auftritt als Glockenspieler im St. Thomas Episocal in Midtown.

Diese freizügige Experimentierfreude führte bald zu Abenteuern in anderen ästhetischen Bereichen: Er schuf kinetische Lichtskulpturen mit Len Lye, entwickelte choreografierte Performances mit Simone Forti und produzierte mehr als ein Dutzend viszeraler Videobänder mit der Castelli Gallery. In den 70er Jahren war er besonders prominent in der aufkeimenden Loft-Bewegung und wurde für seine spärlichen, intensiven und anspruchsvollen Klavierkonzerte bekannt, die die Natur von Zeit und Raum zu verbiegen schienen. Ab den 80er Jahren verbrachte er Jahrzehnte im selbst auferlegten Exil der neuen Musikszene, indem er sich in einen Palast in Europa zurückzog und privat an seiner hermetischen Klang- und Bildpraxis feilte, bis er Mitte der 90er Jahre unter den Plattenfans wieder auflebte.