Ein Album, so Zäh wie Klebstoff
Beggars Opera waren für eine Zeit lang eine der wichtigsten Prog-Rock Bands. Für genau acht Minuten und fünf Sekunden. Die brauchte es um sich an H.G. Wells Zeitmaschine dranzuhängen. „Time Machine“ eröffnete 1971 das Album „Waters of Change“. Hammond Orgel und Mellotron schwanger. Ein Gitarrensolo und Martin Griffiths perfekt passende Stimme. Auf dem Album befanden sich natürlich noch andere Songs. Jazzrockig. Romantisch, Hektisch, Künstlich. Hängen blieb einzig: Time Machine.
Natürlich veröffentlichten Beggars Opera noch mehrere Alben. Doch brachte man sie stets nur mit „Time Machine“ in Verbindung. Acht Minuten und fünf Sekunden – Segen und Fluch zugleich. Beste Voraussetzungen um Musikern den Spaß zu verderben. Die Band trennte sich 1974. Ricky Gardiner und Virginia Scott heirateten und Ricky schrieb „The Passenger“ für Iggy Pop, Marshall Erskine wurde Bassist beim Rockclown Jango Edwards während Gordon Sellar zur Alex Harvey Band ging. 1979 und 1980 gab es zwei neue Alben, die jedoch wenig Beachtung fanden. 1996 versuchte man es unter dem Erfolgsnamen nochmals, doch die Luft war raus.
Martin Griffith spielte mittlerweile in der Mannheimer All Star Band „Midlife Chrysler Band“ zusammen mit Musikern von King Pin Meh, Message, Wintergarden und Steve & Lee Coversongs.
2007 wurde der Name Beggars Opera erneut ausgegraben. Die Band ist jetzt ein Familienunternehmen. Bestehend aus Ricky Gardiner, seiner Frau Virginia Scott und Sohnemann Tom Gardiner. Ricky und Virginia schreiben alle Titel und Virginia kreierte auch das Cover. Man gibt nichts mehr aus der Hand. 10 Jahre haben sie für das Album gebraucht.
Es beginnt rockig. Kein Prog-Metal – wie er heute so gern gespielt wird – eher an King Crimsons schräges Spätwerk erinnernd. „Passing Her“ enthält New Wave Akzente für die vor allem Virginias Gesang verantwortlich ist. So jodelt heute keiner mehr. Wer sich jetzt davon abgeschreckt fühlt, sollte sich aber erst mal „Tight Blue Lips“ anhören. Prog-Metal Gitarren treffen Klavier / treffen Nicht-Gesang. Im schlechtesten Fall uninspiriert. Im besten: Stratovarius meets Björk. Und so geht es leider weiter. „Close to My Heart“ hat keine einheitliche Linie. Keinen eigenen, keinen bandtypischen Sound.
A propos bandtypischer Sound: für mich zählte dazu neben Rickys schwebender Gitarre vor allem das Mellotron. Die Gitarre schwebt jedoch nicht mehr, sie klebt. An den Lautsprechern, an meinen Ohren. Und das Mellotron? Was für ein Mellotron? Im Booklet steht zwar, dass Virginia kein Mellotron mehr benutzt, da es veraltet ist und zuviel Aufmerksamkeit von speziellenTechnikern verlangte. Ja, das ist ja bekannt. Deshalb ist es eigentlich auch tot, in der modernen Chart-Musik. Aber warum steht dann in den Credits bei Virginia Scott: vox, piano und Mellotron?!
Wahrscheinlich will uns die Familie Gardiner hinter's Licht führen. So wie mit dem Bandnamen. Mit Beggar's Opera hat diese Platte nämlich nichts zu tun. Geschweige denn mit „Time Machine“. Wahrscheinlich fand sich deshalb auch bislang keine Plattenfirma, die dieses Album 2007 in Deutschland veröffentlichen wollte. Erst die Geburt von „Lose a Life“ im Jahre 2010, nahm dieses Album in Schlepptau. Na dann...