Aus dem Archiv: Live-Aufnahmen u.a. aus Hannover und Frankfurt
„Relaps“ ist ein Live-Album, das aus Archivmaterial aus einer Zeit besteht, in der es bei Univers Zero nicht besonders gut lief. Wie dem ausführlichen Booklet der CD zu entnehmen ist, stand die belgische Jazzrock-Band in der Mitte der 1980er Jahre nach den mehreren Studioalben plötzlich ohne Plattenvertrag, Geld und Übungsraum da.
„Relaps“ enthält Material aus vier Konzerten, wobei zwei verschiedene Besetzungen jeweils vier Tracks beitragen, deren Studioversionen mit einer Ausnahme auf den Alben „Uzed“ (1984) und „Heatwave“ (1986) zu finden sind. Auf allen acht Stücken dabei waren Schlagzeuger Daniel Denis, Bassist Christian Genet, Keyboarder Jean-Jacque Plouvier und Klarinettist und Saxofonist Dirk Descheemaeker. Nachdem auf den Aufnahmen aus dem Jahr 1984 in Hannover und dem belgischen Dottignies außerdem noch Cellist und Saxofonist André Mergenthaler mitspielte, vervollständigten bei den Aufzeichnungen aus den Jahren 1985/86 in Frankfurt und Seraing der zweite Keyboarder Andy Kirk, Geiger Patrick Hanappier und ein Gitarrist, nämlich Michel Dalory, die Band.
Die zweifellos anspruchsvolle Musik wird von den Bandmitgliedern virtuos umgesetzt. Allerdings sind auf „Relaps“ doch sehr starke Defizite beim Klang zu beklagen. Vor allem die lauteren Passagen des Openers „L'Etrange Mixture du Docteur Schwartz“ klingen stellenweise verzerrt und rumpelnd und auch den beiden weiteren Titeln des Hannover-Konzerts, „Présage“ und „Parade“ lassen sich klangliche Unsauberkeiten nicht immer überhören. Als störend, zumal es sich im ein Instrumentalalbum handelt, empfand ich auch die Nonsens-Ansagen als Einführung zu den Stücken „Parade“ (auf Niederländisch) und „Emanations“ (auf Deutsch).
Zum Glück verbessert sich die Tonqualität im Laufe des Albums erheblich. Ab der Mitte des vierten Titels, einem Ausschnitt aus „Ligne Claire“, der in Dottignies aufgezeichnet wurde, und im beim Frankfurter Jazzfestival aufgenommenen „Emanations“ lassen sich die längeren rhythmischen Klangteppiche durchaus genießen.
Das gilt auch für die beiden überragenden Kompositionen des Keyboarders Andy Kirk, „Heatwave“ und „The Funeral Plain“, die teilweise an King Crimson’s Album „Red“ erinnern und den musikalischen Höhepunkt dieses Kammerrock-Albums ausmachen.
Den Abschluss bildet eine sogenannte Free-Style-Version des Dr.-Schwartz-Titels, die ebenso wie das Original zu Beginn der CD weder klanglich noch kompositorisch restlos zu überzeugen weiß.
Auch wenn man die Band verstehen kann, dass sie der Öffentlichkeit diese Aufzeichnungen aus ihrer Durststrecke nicht vorenthalten wollte, kann ich „Relaps“ wegen der mangelnden Klangqualität vor allem der 1984er Aufnahmen leider nur hartgesottenen Fans von Univers Zero und Komplettsammlern mit gutem Gewissen empfehlen. Interessierte Progressive-Rock- und Fusion-Hörer, die sich in die Musik dieser talentierten Band hineinhören möchten, sollten als Einstieg vielleicht besser zu einem ihrer zahlreichen Studio-Alben greifen.