dunkles Mysterium zwischen Folk, Blues und Avangarde
"33" aus dem Jahr 2002 ist das dritte Album des Franzosen Olivier Lambin alias "Red". Er liefert hier einen schrägen, sperrigen, gleichzeitig hypnotischen Blues-Folk-Avangarde-Stilmix,
der seinesgleichen sucht.
Akustische Folkgitarren treffen auf jaulende Slideguitar, country-
mäßige Twang-E-Gitarre, schleppende Blues-Rhythmen, pulsierende
Percussiongrooves, durchzogen von extrem atmosphärischen Synthi-
und Keyboardsounds, sowie Stilmitteln der Anti-Musik.
Die Musiker sind dabei erste Klasse, so wirken u.a. das Duo Herman Dune an E-Gitarre, sowie Backing Vocals mit. Auch gesanglich ist "Red" extrem exzentrisch zugange. Er trägt seine englischen Texte mit einem sehr starken französischen Akzent vor, dass es oft schwerfällt alles richtig zu verstehen, zumal er seine tiefe, erdige Blues-Stimme stellenweise noch mit elektronischen Effekten verzerrt.
Als entfernte musikalische Verwandte könnte man Künstler wie Tom Waits, Nick Cave, Leonard Cohen oder Lou Reed nennen... auch der Man In Black persönlich, Johnny Cash wirft hier seine Schatten, sowie die alten Blueser aus der Pre-Rock'n'Roll-Ära.
"33" ist auf jeden Fall nicht wie ein "normales" Album zu bewerten, weshalb ich auch nicht auf jeden einzelnen Track eingehen werde. Das Album ist vielmehr ein Gesamtkunstwerk, zu exzentrisch um einzelne Stücke nach normalen Maßstäben zu bewerten.
Damit man sich eine grobe Vorstellung machen kann werde ich
dennoch versuchen einige näher zu beschreiben.
Die ersten beiden Tracks "Talkin' William Lee Song" und "Daily Misery" treiben auf ein und demselben hypnotischen Groove vor sich hin, Red trägt seine Texte im Sprechgesang vor, bei letzterem unterlegt von einer gespenstischen Synthi-Orgel und mit düster verzerrtem Gesang, dass man annehmen könnte er stammt geradewegs aus dem Jenseits.
Der Nachfolger "I'm a Liar" ist ein schleppender Folk-Blues mit Banjo.
Track 4, "Life is great", kommt fast schon "poppig" daher, baut sich
aus verspielten Synthi-Sounds und einem Stimmen-/Sprechgesang-Wirrwarr auf, aus dem klar die Message "Life is great" heraussticht (trotzdem ist die Grundstimmung des Albums sehr düster).
Im staubigen "Drunk Train" treten die Countryeinflüsse ganz klar
an die Oberfläche. "A Fear" bietet Tex-Mex-Flair mit krachiger Slide
Guitar und das eingängig straighte "A Good Job" mit catchy Melodie
wird immerwieder durch total verrückte Jazz-Einlagen unterbrochen
in denen sich zwei grandios verdrehte Saxophone auf düsterem Synthi- Teppich gegenseitig beschwören um am Ende des Tracks in ein kreischendes Duell zu münden. Wahnsinn im wahrstem Sinne des Wortes!
Höhepunkt und Schluss des Albums ist das melancholische Nick Lowe-Cover "The Beast in Me", klagend vorgetragen und auf die seltsame Art und Weise der gesamten Scheibe wunderschön.
Fazit:
Man sollte definitiv ein Faible für abseitige Musik mitbringen, wenn
man sich auf "33" einlässt, denn die Scheibe ist meilenweit entfernt
von jeglichem Mainstream, oder musikalischen Regeln.
Wer sich jetzt noch angesprochen fühlt, der muss allerdings auch damit rechnen auf alle Zeiten in den Bann dieses großen musikalischen Mysteriums gezogen zu werden.