Kultiger Sampler einer Kult-Band
Mit Oysterband verbinden viele die perfekte Inkarnation des britischen Folk-Rock schlechthin. Vorliegender Sampler beinhaltet einige frühere Highlights der Band. Und die fallen ganz verschieden aus: nach dem soliden Rock-Stampfer "Hal-an-Tow" gleitet "Another quiet night in England" in melancholischere Gefilde, wobei manche Gitarrenriffs stark an Police erinnern. Der sarkastische Text (eine Abrechnung mit den extremen sozialen Unterschieden in England) paßt perfekt dazu. "We could leave right now" beginnt mit sphärischen Cello-Klängen und beklemmt geradezu durch seine Entrücktheit-das hätte man so an dieser Stelle nicht erwartet. Immerhin führt uns die Klamauk-Hymne "Blood Wedding" ins Irdische zurück-beschworen wird ein groteskes Bild einer typisch britisch-feuchtfröhlichen Hochzeit. "Oxford Girl" besticht textlich durch schwarzen Humor, hinkt aber musikalisch hinterher-die Version auf dem späteren "Granite Years"-Sampler hat mir besser gefallen. Und da wir schon bei "Granite Years" sind: diese Tanzhymne soltle man gehört haben! Lebensfreude und Adrenalin pur in einer durchzechten Samstagsnacht irgendwo im Hafenviertel...
"Rambling Irishman" , eine waschechte Irish-Folk-Ballade, kühlt mit getragener Akustik die Gemüter etwas ab, bevor es mit dem New Order-Cover "Love Vigilantes" wieder etwas rockiger wird. Gut gemacht! "Polish Plain" behält diese Atmosphäre bei, wirkt im Kontext aber recht farblos, was man von "20th of April" aber nicht sagen kann: in einem spanisch-englischen Kauderwelsch, garniert mit einem Schuß Melancholie, fetzt der Song ganz schön und wurde bestimmt in Rekordzeit zum Feger sämtlicher Tanzhallen in UK und Spanien.."The Lost and Found" wirkt dagegen erdiger, geht aber nach kurzer Zeit nicht mehr aus dem Ohr weg. Ebenso "One Green Hill", einer meiner Favoriten, könnte er doch die Hymne zu meinem transsylvanischen Heimatort sein.
Zum Schluß gibt es noch zwei Songs zum selben Thema: das nachdenkliche "Coal not Dole" erinnert an den Niedergang des britischen Bergbaus, "Bells of Rhymney" greift das Motiv auf und entwickelt sich zum rasanten Hardrock-Song.
Als Einstiegs-Ticket zum Schaffen der Oysterband eignet sich dieser Sampler vorzüglich-wer aber "bloß" gediegenen Folk-Rock genießen will, macht mit dem Kauf von "Trawler" garantiert nichts falsch...