Verkannt und oft unterschätzt
Irgendwie hypnotisch würde ich die Stimmung von "Broken Arrow" beschreiben.
Die Scheibe hat den richtigen Groove, wummert und scheppert mit einer einzigartigen Atmosphäre, wie ich sie
von Neil und Crazy Horse weder vorher noch danach je wieder zu hören bekam.
Das Ganze strahlt eine Art von innerem Frieden und Weisheit aus... ein Treffen mit den Geistern der Vergangenheit.
Crazy Horse ist hier ein stählernes Ross, gut geölt... eine schwere alte Dampflok in voller Fahrt, immer geradeaus.
Das Zusammenspiel harmoniert perfekt: mehrstimmiger Gesang mit leichtem Hall, wummernder Bass, dreckige, verzerrte Gitarren, schweres treibendes Schlagzeug
mit viel schepperndem Beckeneinsatz. Alles wunderbar warm und analog.
Melodisch und harmonisch ist die Scheibe auf höchstem Niveau.
Schon der erste Track "Big Time" bringt sofort diesen hypnotischen Groove, der sich durch das gesamte Album zieht.
"I'm still living the dream we had. For me it's not over" heißt es darin, wenn Young zu seinen Anfängen zurückgeht ins "land of suntan lotion" und mit dem
"old black car" quer durch die Staaten. Beim fast zehnminütigen bluesigen "Loose Change" geht derselbe Groove ungehindert weiter und mündet ins schleppende,
fuzz-lastige, träumerische "Slip Away".
Der eingängig straighte, unbeschwerte Country-Rock von "Changin' Highways" wurde irgendwo mal als "...Song den keiner braucht" oder so ähnlich bezeichnet.
Einer der Höhepunkte ist sicher "Scattered (Let's think about livin')", in jeder Hinsicht perfekt, eines der besten NY & Crazy Horse-Stücke überhaupt.
Danach folgt "This Town", sehr laid-back, und man sieht vor seinem Inneren fast schon den guten alten J.J. Cale im Duett mit Neil.
Im Anschluss erwartet den Hörer das eigentliche Highlight des Albums: wenn das erste mal auf der Scheibe Neil's Akustische schnarrt und
das fragile, fast geflüsterte "Music Arcade" erklingt, dann kommen einem fast die Tränen und man erkennt die ganze Größe dieser Legende,
ist jedes Mal von neuem überwältigt und weiß plötzlich wieder, warum es eben nur einen Neil Young gibt.
Den Abschluss macht der dreckige, stampfende Bluesrock von "Baby what you want me to do", live mitgeschnitten, und man fühlt sich plötzlich ganz in eine andere
Welt versetzt. In einen rauchigen Saal irgendwo am Rande eines nächtlichen Highways, klirrende Gläser, lachendes Publikum. Die Band lässt den Saal kochen, es wird getanzt und getrunken...
Für mich das beste Beispiel für ein verkanntes Meisterwerks.
Die Zeit war `96 wohl noch nicht reif... "Broken Arrow" gilt es noch zu entdecken...