Eleganz des Akkordeons
Einem größeren deutschen Publikum ist französische Akkordeonmusik seit längerem wieder durch Künstler wie Lydie Auvray oder in jüngerer Zeit etwa Yann Tiersen mit seiner Filmmusik zum Kinoerfolg "Die fabelhafte Welt der Amélie" nahegebracht worden. Als einer der profiliertesten und erfolgreichsten Künstler auf diesem Gebiet, der es auch zu internationalem Ansehen gebracht hat, gilt der Akkordeon-Virtuose und "König der Musette" Maurice Larcange. Mit seiner Musik ist er medial präsent in Rundfunk und Fernsehen, arbeitet mit großen Orchestern, bringt es auf über 1500 komponierte und aufgenommene Titel, spielt 13 Alben (mehrere davon sogar in New York) ein. Nach ersten Schritten in die Musikwelt (1943 der erste öffentliche Auftritt, bei dem er noch zusammen mit Vater und Bruder musiziert; für sein Akkordeonspiel erhält er immer mehr Preise) beginnt seine eigentliche Karriere in den 50er Jahren in Paris, als er zunächst in Orchesterformationen reüssiert. Gradmesser für sein damaliges "Standing" ist ein Vertrag bei Polydor, gekrönt durch die sich einstellende große Resonanz seiner Alben beim Publikum. Die CD-Kompilation "Maurice Larcange joue Aznavour et Trenet" von 2004, die seine beiden Alben "Larcange joue Aznavour" (1975) und "Larcange joue Trenet" (1977) zusammenführt, versammelt Vinyl-Aufnahmen, die aus der Zeit nach seinem Wechsel zu Decca stammen. Sie profitieren klangtechnisch davon, dass Decca London in den 60er Jahren das "Phase 4 Stereo"-Aufnahmeverfahren entwickelt und eingeführt hat, das sich des Mehrspurbandes und des zweikanaligen Tonbandes bedient. Dadurch, dass akustisch nicht mehr auf Hintergrundmusik-Niveau verblieben wird, eröffnet sich dem Hörer eine ganz andere Dimension des Musik-Erlebens. Dies steigert die Freude am harmonischen Miteinander von Larcanges scheinbar mühelosem, beschwingt-elegantem Akkordeonspiel und dem anscheinend ebenso gut aufgelegten, in den 50er Jahren als hauseigenes Orchester der Decca installierten "London Festival Orchestra". Die Titel, allesamt "Klassiker" der vielseitigen Künstler (beides Sänger, Komponisten und Schauspieler) und Chanson-Legenden Aznavour und Trenet, die an sich schon für qualitätvolle Musik stehen, sind einnehmend und wirkungsvoll arrangiert und instrumentiert. Das Album erscheint also insgesamt auch wie eine Feier des französischen Chansons im engeren Sinne, der französischen Musik als solche im weiteren Sinne. Statt Aznavour oder Trenet "singt" Larcanges Akkordeon, und das ähnlich modulierend, nuanciert, differenziert und einfühlsam wie eine gekonnt eingesetzte menschliche Gesangsstimme. Larcange hat nicht nur als Vorbild, sondern gerade auch mit seinem persönlichen Engagement für Ausbildung, Unterstützung, Förderung und Ermutigung junger Talente dazu beigetragen, dass auch nach seinem Tod 2007 Akkordeonmusik weiter erfolgreich betrieben werden konnte.