Schwaches ReIssue von mäßiger Musik
Nicht nur das Cover von Elvis letzter LP wurde hier verändert, auch die Trackliste entspricht nicht derjenigen des Originals von 1977. Sicher; dass das Stück "Let Me Be There" lediglich aus aus Mangel an verwertbaren Aufnahmen enthalten war ist offensichtlich, immerhin war das Stück in exakt dieser Version bereits auf der 74'er Live LP "On Stage In Memphis" zu hören. Doch Original ist eben Original, und Moody Blue ohne LMBT eben nicht Moody Blue.
Dieses Album ist, leider, eine der schwächsten Scheiben des Herrn Presley - ein unwürdiger Abgesang, ein Dokument des Niedergangs. Echte Tiefpunkte sind eindeutig die drei Konzertaufnahmen von 1977, bei denen man das Missvergnügen hat einen kurzatmigen, lallenden Sänger zuhören zu müssen, der offenbar weder Herr seiner Sinne, noch seiner Stimme ist. Das ist schlichtweg traurig. Zudem ist es ein Zeichen von Emphatielosigkeit so etwas überhaupt zu veröffentlichen. Eingestandenerweise muss Elvis einer Veröffentlichung zugestimmt haben, und normalerweise liegt es mir fern Elvis bezüglich der Qualität seiner Alben aus der Verantwortung zu nehmen - aber zu diesem Zeitpunkt war er offensichtlich dermaßen kaputt, aufgrund seiner Sucht an seinem Output desinteressiert und nicht mehr bei sich, dass "kein Album" eben die einzig gangbare Variante von Label und Produzent Felton Jarvis hätte sein müssen. Hochnotpeinliche Aufnahmen wie "Little Darlin'", oder "If You Love Me..." zu veröffentlichen ist schlicht auch dem Konsumenten gegenüber eine Frechheit. Das vielgelobte "Unchained Melody" ist marginal besser, aber von einer guten, oder auch nur soliden Gesangsdarbietung dennoch meilenweit entfernt. Der Kontrast zwischen diesen Aufnahmen und Elvis meisterhaften Performances nur wenige Jahre zuvor, der kann dem Hörer die Tränen in die Augen treiben.
Da die CD das komplette "Boulevard" Album als Bonus enthält, Elvis vorletzte Platte die - wie die sechs Studiocuts des Moody Blue Albums - aus dem Jungle Room in Graceland stammen, fasse ich das Fazit zu den Studioaufnahmen beider Alben zusammen.
Dass eine "Complete Jungle Room Masters" CD, ohne die erbärmlichen Konzertaufnahmen, ein besseres Hörerlebnis bedeutet hätten als die vorliegende Scheibe mit ihren live mitgeschnittenen Totalausfällen, das ist sicher richtig. Viel Grund in Begeisterung zu verfallen bieten die Studioaufnahmen aber leider auch nicht. Schon klanglich sind diese Einspielungen, ihrem improvisierten Charakter entsprechend - mobiles Aufnahmegerät musste zu Elvis nach Hause gekarrt werden wo unter technisch suboptimalen Bedingungen produziert wurde, wenig brillant. Aber auch musikalisch bleibt vieles dürftig.
Die schnelleren Stücke kann man im Grunde komplett vergessen, da Elvis keine Lust verspürte zu rocken, und ihm dazu inzwischen wohl auch die Power fehlte. So klingt er bei einer eigentlich vielversprechenden Nummer wie Way Down ausgerechnet an den Stellen besonders teilnahmslos und matt, an denen er eigentlich Biss reinlegen müsste. Durch das ohnehin seichte Moody Blue quält er sich mit deutlich hörbarer Mühe durch, dabei hätte die (im Grunde einfache) Nummer eine lässige Performance benötigt. 76 war die aber schlicht nicht mehr möglich.
Die Balladen gelingen besser, sind aber auch keine Glanzstücke. Wo Elvis bei ähnlich gelagertem Material 1970 noch nuancierte und subtile Interpretationen gelangen bei denen er je nach Bedaff kontrolliert zwischen emotional wirkender Brüchigkeit, anstrengungslosem Popgesang, roher Aggressivität und kraftvollem Schmettern wechseln konnte - so klingt er hier immer matt, dünn und brüchig. Das Modulieren und Halten von Tönen in seinen mittleren Lagen fiel ihm 76 hörbar schwer, die Stimme war glanzlos. Die von Fans des King gerne angeführte emotionale Tiefe dieser Sessioms ergibt sich hier bestenfalls aus dem Umstand, dass man weiß, dass das Elvis letzte Studioaufnahmen waren, weniger durch die gesangliche Qualität oder die Musik an sich. Man muss sie also hineinlesen, der reine Höreindruck ist mau. Hätte Elvis immer so geklungen wie hier, es hätte nie ein Hahn nach ihm gekräht. Dies dürften die stimmlich schwächsten professionellen Studioaufnahmen von Elvis sein. Nicht, was die Motivation betrifft (da klang er bei einigen Soundtracks gleichgültiger), aber was die seine Möglichkeiten und seine Sicherheit anbelangt.
Nur selten blitzt Elvis Ausnahmekönnen noch auf, etwa bei der kompositorisch unterirdischen (und dilettantisch overdubten, sowie stümperhaft gemischten) Schmalznummer "ITts Easy For You", oder dem irischen Standard "Danny Boy" - der einsame Höhepunkt des Boulevard Albums und damit dieser CD.
Insgesamt ist das viel zu wenig. Elvis hat zahllose großartige Aufnahmen gemacht, die besten gehören ins Pantheon der Popmusik des zwanzigsten Jahrhunderts. Ein musikalisch besserer Abgesang wäre ihm zu wünschen gewesen, alleine: es hat nicht sollen sein. Daher ist diese CD nur für Komplettisten, bzw aufgrund der veränderten Trackliste des Moody Blue Albums eben noch nicht einmal das.