Schlechte Fertigungsqualität
"Kind of Blue" aus dem Jahre 1959 gehört zu den wichtigsten, innovativsten und schönsten Platten der Jazzgeschichte. Ich freue mich, daß diese nun in einer klangtechnisch aufgearbeiteten Neupressung auf Vinyl erhältlich ist, so daß man diese wunderbare Musik auf dem Tonträger, für den sie gemacht worden ist mit dem Original-Ambiente "ganz nah" erleben kann. Ich besitze "Kind of Blue" auch auf CD und kann dadurch vergleichen. Das Klangbild der Vinylplatte steht dem der CD in nichts nach, wirkt sogar etwas "größer", "direkter" und etwas "satter", wobei ich nicht sicher bin, inwieweit das auf reine Suggestivwirkung zurückzuführen ist.
Aber es gibt einen erheblichen Schwachpunkt: Die Fertigungsqualität. Die Platte ist eine fabrikneue Pressung und war noch in Folie verpackt. Dennoch knackt es dreimal unmittelbar nach den meditativen, leisen Anfangsakkorden von "So What" so laut, daß man zusammenzuckt. Es ist schon mehr Knallen als Knacken. Damit ist die Stimmung natürlich dahin. Zu sehen ist auf der Platte aber nichts, kein Kratzer, keine Beschädigung. Es muß sich um einen Fertigungsfehler handeln. "So What" werde ich von der LP nicht wieder abspielen, weil ich Angst um die Abtastnadel habe. Desweiteren finden sich einige helle matte Flecken auf der Platte, die vermutlich auf Berührung im noch nicht ausreichend erkalteten Zustand zurückzuführen sind. Zu hören sind die Stellen ganz leicht als Rauschimpulse. Außerdem hat die Platte Höhenschlag, der zwar gerade noch akzeptabel ist, den eine solch dicke 180-Gramm-Platte für 24,99 EUR aber nicht haben dürfte. Soweit ich weiß, entsteht Höhenschlag (Verwellungen), wenn die Platte bei der Weiterverarbeitung nicht ausreichend erkaltet ist, es sich also um "Schnell-Schnell-Produktion" handelt. Bei der Qualitätskontrolle wurde eindeutig geschlampt, falls überhaupt eine stattgefunden hat. Eigentlich ist das Exemplar Ausschuß. Die B-Seite läuft aber - abgesehen vom Höhenschlag - einwandfrei. Es ist eine Doppel-LP, auf der C- und D-Seite sind sogenannte Alternate-Tracks. Diese sind bis auf ebenfalls leichten Höhenschlag in Ordnung. Ich denke mal, das ist das Risiko beim Vinylplattenkauf: Wenn man Pech hat, erwischt man eine "Montagsproduktion".
Die Tonqualität der Pressung ist zwar sehr gut, aber wegen der Fertigungsfehler ist die Platte eine Enttäuschung und ihr Geld nicht wert. Dafür gibt es den Punkteabzug. Ich kann die Platte auch nicht pauschal weiterempfehlen, außer allen, die vor dem Kauf die Gelegenheit haben, die Platte genau auf Fehler zu überprüfen.