Klangreise und Seelenbad zugleich...
... für alle offenen Ohren und Herzen, welche(s) volle Konzentration beim Zuhören verlangt!
Markus Stockhausen, der Sohn des Komponisten Karlheinz Stockhausen (1928-2007), war mir wohl das erste Mal vor etlichen Jahren auf einer Veröffentlichung seines Vaters mit seinem Trompetenspiel aufgefallen, die mich als Esoteriker interessierte: "12 Melodien der Sternzeichen". Danach war er lange aus meinem Blickfeld entschwunden, bis der Sampler "ACT: Vision of Jazz" ihn mir mit "Lonconao" wieder in Erinnerung brachte. Ich recherchierte und entdeckte diese ungewöhnliche Aufnahme mit 3 CDs von 2020. Titel, Cover und angespielte Stücke sprachen mich an, so dass ich das Werk kurzerhand bestellte.
"Wild Life" enthält auf den drei CDs mit jeweils rund einer Stunde Spieldauer 12 (!) Stücke mit improvisierter Musik, oder wie Herr Stockhausen es nennt: "Intuitiver Musik". Für mich persönlich ist das sehr stimmungsvoller - im Sinne von Stimmungen erzeugender - und atmosphärisch dichter, freier Jazz (ohne Free Jazz zu sein), der nun wirklich (nicht bloß wegen des Trompetentons) an den Miles Davis der frühen 70er Jahre erinnert. Und zwar an "In A Silent Way" genau so wie an "Bitches Brew" und die darauf folgenden Alben wie "Live Evil" oder selbst noch das impressionistische Album "Aura" von 1989. (Anklänge an die frühen Weather Report oder an den späten Joe Zawinul und sein Syndicate höre ich übrigens ebenso.) Für die etwas schwächeren Momente, die es - was bei improvisierter Musik selbstverständlich ist - natürlich auch gibt, ist insbesondere die mitunter etwas "teutonisch" klingende Percussion verantwortlich.
Fazit: Da sich diese, in sich authentische Musik letztlich jeder Kategorisierung entzieht und beim Hören nicht nur wächst, sondern vielleicht sogar wuchert (also ein "wildes Leben" führt), ist sie für alle Musikliebhaber (-innen eingeschlossen) mit offenen Ohren einer Entdeckung und mir 5 Sterne wert. (Und der Klang der drei CDs ist sehr, sehr gut!)
P.S.: Dem Verfasser der "Liner notes" aber möchte ich empfehlen, (viel) mehr Musik zu hören - oder sich ein Hörgerät zu besorgen: "Diese Musik erinnert an gar nichts." (???) Von wegen!!! (Einzigartig ist sie schon.)