Dunkles, deutsches Märchen
Studenten-Oscar oder nicht: Nimmermeer ist ein echtes (und dabei gar nicht SO kleines) Juwel. Zunächst war ich etwas enttäuscht, da ich mir warum auch immer ein Mehr an Schauwerten erhofft hatte, aber dann, spätestens beim dritten Ansehen, erlag ich den Reizen dieses Films vollends. Toke Constantin Hebbeln beweist ein hervorragendes Gespür für düster-schwermütige Stimmungen und ausgefeilte, traum- bis albtraumhafte Bildkompositionen. Offensichtlich, daß hier Kunst entstehen sollte, und Kunst ist es auch geworden. Überzeugend die akkurate Ausstattung, die treffende Besetzung (inklusive Komparsen), sowie eine manchmal schon hypnotisch anmutende Musik. Auch seine relative Kürze steht dem Werk durchaus nicht übel zu Gesicht. Einen Wermutstropfen allerdings muß ich erwähnen, nämlich die teilweise sehr schlechte Textverständlichkeit. Da wird bisweilen so mundartlich verwaschen und gleichzeitig leise gesprochen, daß ich tatsächlich auf die englischen Untertitel zurückgreifen mußte (eine Ausnahme der Herr Pastor, dessen lupenreine Diktion über jeden Zweifel erhaben ist). Doch das anrührende Spiel des jungen Hauptdarstellers Leonard Proxauf und das magische Scherenschnitt-Finale - in seiner Schlichtheit beeindruckender als manch technikverliebte Tricksequenz - lassen mich am Ende sogar das verschmerzen. Nachweisbare Ähnlichkeiten zu Filmen oder Regisseuren werden wie immer auch hier existieren; sie aufspüren zu wollen, kommt mir in diesem Falle jedoch müßig vor. Nimmermeer steht - wie der kleinwüchsige Herr der Gaukler zwar ein wenig wacklig, aber dennoch sicher - auf eigenen Füßen, ist keine aufgeblasene Fantasy sondern schlicht ein Märchen, wunderbar altmodisch erzählt und unverkennbar deutsch dazu. Ein Märchen aus dem Land der Märchen.