Das hat Gordon Lightfoot eigentlich nicht verdient…
Gordon Lightfoot war in den siebziger und achtziger Jahren einer meiner Lieblingsmusiker. Einer seiner größten Hits in Europa, If You Could Read My Mind, wurde zuerst durch die Instrumentalfassung der Spotnicks und die eingedeutschte Fassung von Daliah Lavi bekannt. Beides hat wohl seine Berechtigung, ist aber Lichtjahre vom Original entfernt. Sundown wurde damals auch im Radio rauf und runter gespielt. Und so lernte ich als beginnender Teenager diesen wunderbaren kanadischen Singer/Songwriter kennen. Mich faszinierte immer seine Art Gitarre zu spielen, dieses Fingerpicking, und seine warme, volle Stimme.
Irgendwann Richtung Ende der Achtziger verschwand er dann aus meinem Blickfeld, ohne daß mich seine Musik verlassen hätte, die immer mal wieder durch meinen Kopf ging. Jetzt habe ich gesehen, daß es dieses Live-Album gibt, aufgenommen in der altehrwürdigen Royal Albert Hall, wo schon Eric Clapton (und nicht nur der) denkwürdige Konzerte gegeben hat. Also habe ich voller Vorfreude reingehört und dachte dann, ich hätte die falsche Platte erwischt. Voller Unglauben habe ich mich durch die Stücke gehört, man könnte auch sagen, gequält. Wer war das denn? Okay, bei den meisten Sängern und Sängerinnen wird die Stimme im Alter nicht besser, siehe Elton John als Beispiel. Bei manchen wird es richtig peinlich, siehe die letzten Konzerte von Genesis, wo es schon ein starkes Stück war, daß sich Phil Collins mit der Leistung überhaupt auf die Bühne getraut hat. Aber hier, bei meinem so sehr gemochten Gordon Lightfoot, ist es nur traurig. Furchtbar traurig. Diese einst volle und warme Stimme ist nur noch ein Schatten ihrer selbst; hätte man mir diese Musik vorgespielt ohne den Interpreten zu nennen, ich hätte ihn nicht erkannt.
Der langen Rede Sinn: Dieses Album, daß musikalisch auf sehr ansprechendem Niveau ist, aber eben stimmlich sehr, sehr traurig und damit eigentlich katastrophal, würde ich nicht mal geschenkt nehmen. Stattdessen lieber ein paar ältere Platten, als GL noch richtig bei Stimme war. Ich möchte nicht wissen, wie es den Zuhörern des Live-Konzerts erging, aber daß eine Plattenfirma so etwas veröffentlicht und auch noch groß bewirbt, ist dem Andenken an den einst großen kanadischen Liedermacher nicht sehr zuträglich. Naja, jeder, wie er/sie meint, aber ich würde von diesem Album dringend abraten. Zumindest vorher probehören.