Das Ring Universum aus dem Wassertropfen als Ursache-Wirkungsprinzip
Basis dieser Rezension ist die Vorabveröffentlichung direkt von der Oper Frankfurt.
Das Inszenierungskonzept von Vera Nemirova in den Bühnenbildern von Jens Kilian beginnt im Rheingold mit dem fallenden Wassertropfen, der symbolisch Wirkungskreise gebirt, die nunmehr bildlich in sich verschlingenden kreis- und ellipsoidförmigen Handlungsbahnen die Basis als Handlungsebenen bieten. Es ist die Ausformung des Heraklit Prinzips eines "alles fließt", wenn man so will. Erinnerungen an die archaisch kargen Konzepte eines Wieland Wagner in den 1950er Jahren keimen ein wenig auf.
Diese Handlungsebenen sind Schauplatz des interaktionistisch, meißt hautnah in Szene gesetzten Geschehens, aber auch mit schwächeren Sequenzen.
Die Kostümgestaltung ist archaisch bis "modern." Vom bildlichen Gesamtambiente nicht konkret romantisierend, traditionalistisch, wie bei Otto Schenk im ersten Met Ring. Aber eben auch nicht das Regietheater, das viele nicht mögen.
Von der singschauspielerischen Klasse eine durchmischte Leistung, insgesamt aber sehr positiv. Bestimmte Sequenzen gelingen glänzend in der bühnenbildlichen Präsenz, Beleuchtungsmuster führen zu magischen Bildern, andere sind zu stark versimplifiziert. Z.B. die Verwandlung zum Wurm, dann zur Kröte.
Die sängerischen Spitzenleistungen gelingen Terje Stensvold als Wotan, ein klassischer, kerniger Heldenbariton mit markanter Grundsubstanz. Die Entdeckung ist Amber Wagner als Sieglinde. Ein beseelte Stimme mit Raumflutungstendenz.
Susann Bullock ist eine solide Brünnhilde, sie schreit nicht, sie gestaltet.
Glänzend Alfred Schmeckenbacher als Alberich. Franz van Aaken, den ich auch live kenne, ist Siegmund. Eine grundsolide, stämmige Tenorstimme. Lance Ryan singt den Siegfried durchaus überzeugend, auf die Länge ein bißchen stimm-monochrom. Kurt Streit gelingt ein hervorragendes Porträt von Loge.
Alle anderen Rollen sind adäquat besetzt.
Sebastian Weigle dirigiert einen strukturierten, architektonischen Ring.
Resümee:
Von der optischen Seite keinesfalls "Regietheater", wenn man das negativ belegt. Aber eben auch nicht das, was sich Traditionelle immer erhoffen, einen Ring in der optischen Ebene des romantischen, bürgerlichen Realismus des 19.Jahrhunderts.
Wer also primär eine archaisch, karge, aber atmosphärisch gut zentrierte Optik mag, der könnte mit diesem Ring glücklich werden.