Der Musiker, der es schafft, auch oder eben gerade im Älterwerden sich und sein musikalisches Schaffen immer noch weiter zu entwickeln und zu vollziehen, was man modisch gern mit "sich neu erfinden" umschreibt, dieser Musiker ist ein im Rock-Pop-Business seltener Fall. Der gerade erst verstorbene David Bowie entsprach diesem Umriss, Tom Jones ist von diesem Format, Deep Purple müssen in diesem Kontext genannt werden. Und Wolfgang Niedecken! Zum "Affrocke" bietet das neue BAP-Oeuvre nicht viel. Niedecken und seine Mitstreiter verfolgen weiter die Linie des Unplugged-Albums von 2014. Die bedächtigen, die leisen Töne dominieren und schmiegen sich an Niedeckens wie gewohnt bestechende Kölsch-Lyrik an. Was die Speaker verläßt, ist pure Spielfreude und zwingt zum Lauschen. Den R´n´B-Puristen unter den BAP-Fans dürfte das Ganze viel zu anspruchsvoll sein und schon erheben sich online Stimmen, die Niedeckens Version der heimlichen kölschen Nationalhymne, "Heimweh noh Kölle" *, eines Willi-Ostermann-Klassikers der 1920er Jahre, kitschig und eines Rock´n´Rollers unwürdig finden. Doch wer so empfindet, hat den kölschen Geist nicht begriffen und wäre ohnehin mit Rammstein besser bedient. Mit "Lebenslänglich" kehrt BAP auch zu den Wurzeln zurück, zurück zu einem breiteren musikalischen Spektrum, worin weitaus mehr zu finden ist als Jagger-Richards- und Dylan-Attitüde. Ein großes BRAVO! diesem Album.
* Bonustrack auf der Deluxe-Edition