Der Brief aus einem lang verschollenen Postsack
"Honig wohnt in jeder Blume, Freude an jedem Orte, man muss nur, wie die Biene, sie zu finden wissen." (Heinrich von Kleist)
Schon als Kind war Anna Blumenthal fasziniert von Oma Johannas Bienen, deshalb war es naheliegend das sie sich nach dem Verlust ihrer Freundin Mona durch einen Unfall ein paar Tage Auszeit bei ihr und den Bienen suchte. Im idyllischen Lüdinghausen erhoffte sie wieder neue Kräfte zu sammeln und sich über einige Dinge ihres Lebens klar werden. Und Anna kommt gerade zur rechten Zeit, den Johanna ist gerade dabei den Honig aus den Waben zu entnehmen. Doch dann flattert ein fast 80 Jahre alter Brief der aus einem verschollenen Postsack stammte ins Haus. Adressiert war er an Martha Rotermund in Ahrenshoop, Johannas Mutter. Johanna die bis dahin keine Ahnung hatte, das ihre Mutter je dort gelebt hat, ist sehr überrascht. Doch der Brief bringt noch viel mehr unglaubliches zutage, dass die ganze Familienchronik verändern könnte. Deshalb machen sich Johanna und Anna auf den Weg nach Ahrenshoop um weiter nachzuforschen und ein paar schöne Tage am Meer zu genießen. Dabei kommen sie nicht nur einem Familiengeheimnis auf die Spur, sondern entdecken noch viel Merkwürdiges, Schönes und Anna findet sogar ihr Leben wieder.
Meine Meinung:
Ein bezaubernd, gestaltetes Cover das dem Titel gerecht wurde, hatte mich wieder auf den Geschmack zu Anne Barns neusten Roman geführt. Man spürte und schmeckt schon allein vom Anblick her den Honiggeschmack. Der Schreibstil, war wieder einmal locker, unterhaltsam und ich konnte erneut durch ihre schöne bildhafte Beschreibung eine Reise in den Norden Deutschlands machen. Beim Plot ging es um viele verschiedene Themen Tod, Trauer, Verlust, Trennung, Familie, Freundschaft, Liebe und natürlich auch um Bienen und das Zubereiten von Honig. Eindrucksvoll beschrieb die Autorin mit welcher Hingabe Johanna ihre Herstellung von Honig und Honigschnaps betrieb, so das selbst ich noch viel Unbekanntes entdeckte. Gerade heute wo die Thematik Bienen und Bienensterben in aller Munde ist, passt dieses Thema hervorragend. Außerdem regte es die Autorin zu besonderen Rezepten an, die man wie immer am Ende ihres Buches vorfindet. Besonders die Honigseufzer kann ich empfehlen, ich durfte sie kosten und sie bringen einen wirklich zum Seufzen durch ihren köstlichen Geschmack. Die Charaktere waren wieder sehr gut gewählt, allen voran die quirlige, humorvolle und lebenslustige Johanna, die noch in ihrem Alter sehr agil war. Anna erschien mir zu Anfang betrübt, niedergeschlagen und müde doch das ändert sich relativ schnell, als sie in Lüdinghausen ankommt, schließlich wurde sie von ihrer Oma dort liebevoll umsorgt. Gefallen hat mir auch Peggy eine frühere Schulfreundin Annas, die sich aus den Augen verloren hatten. Sie hilft Anna über ihren Verlust, Trauer und den Schmerz zu reden, auch wenn sie selbst einige Probleme hat. Der Ausflug ans Meer brachte außer dem Geheimnis um den Brief, dann noch viele weitere Seiten und Begabungen von Anna und Johanna ans Licht. Oft saß ich auch nur schmunzelnd da und wünschte mir, ich hätte selbst so eine Großmutter besessen. Gerade das ist es was mir an Anne Barns Büchern gefällt, sie nimmt mich mit in eine Welt, die nicht immer rosig sein muss, aber bei der irgendwo immer Herzlichkeit, Harmonie und Liebe eine große Stelle einnimmt. So ist es dann auch nicht verwunderlich, wenn Sätze wie diese auftauchen, die einem nicht mehr aus dem Kopf gehen: "Zu viel nachdenken ist wie schaukeln. Man ist in Bewegung, kommt aber kein Stück weiter." "Oben fit und unten dicht, meine liebe Johanna, mehr wünsche ich dir fürs Alter nicht". Ich jedenfalls bin inzwischen schon süchtig nach ihren Büchern und gebe hier gerne wieder eine Leseempfehlung und 5 von 5 Sterne.