Nice? Nice!
Die Zeit zwischen 1967 und 1973 wird vielleicht einmal als eine der kreativsten Phasen der Jazz und Rock Musik anerkannt sein. Nicht nur die großen, als Mythos gehandelten Festivals wie Monterey, Woodstock aber auch der Abgesang eines Isle of Wight Festivals, nein, viele der großen Erneuerungen stammen aus dieser Zeit. Eine Zeit, die ungewöhnlich offen war für Experimente jeder Art. Miles Davis bereitet mit "In a silent Way" und "Bitches Brew" den harten, elektrischen, Blues-Rock orientierten Jazz vor (ich hatte das Vergnügen, einem Konzert in Juan-les-Pins zu folgen). Janis Joplin definiert die Stimme im Blues neu, seit Bessie Smith, etwas wahrhaft orgiastisches, Jim Morrison mit den Doors, Jimi Hendrix revolutioniert das Gitarren Spiel ähnlich wie John McLaughlin mit dem Mahavishnu Orchestra Grenzen überwindet, Fusionen schafft. Die frühen Genesis noch mit Peter Gabriel (wer hat damals auch ...the lamb lies down... auf der Loreley open air gesehen) oder Yes als Vertreter des Art Rock, die frühen Queen, Deep Purple, Led Zeppelin. Die Liste ließe sich verlängern.
Nice um Keith Emerson hat einen sicheren Stammplatz in dieser Zeit. Obwohl schon damals eher einer Minderheit zugänglich, schaffen sie die Verbindung von Klassik und Rock. Jan Akkerman mit seiner Focus hat es dann fortgesetzt. Wild waren die Konzerte von Nice und für viele durchaus der Einstieg in klassische Musik. Wenngleich Emerson seinen Hang zu Tschaikowsky nicht verheimlicht. Wie so viele Gruppen damals zerbricht auch Nice an der Uneinigkeit über musikalische Schwerpunkte, über Entwicklungen. Aber aus solchen Spannungsfeldern entstehen manchmal auch Perlen. Nice hat nicht sehr viel veröffentlicht. Und auch das war durchaus von unterschiedlicher Qualität. Live Aufnahmen existierten nur auf B-Seiten oder auf dem letzten Pflicht Album, Elegy. Aber man konnte die Kraft und Dynamik hören, mit der diese Musik gemacht wurde. Leider gibt es nicht allzu viele Videos von Nice, sie berserkerten manchmal vie The Who.
Dieses Album nun ist der erste vollständige Mitschnitt aus dem Fillmore East, kurz bevor die Gruppe sich auflöst. Einige der Songs sind schon bekannt, finden sich z.B. auf Elegy. Was man hört ist ein Team, das kraftvoll das Repertoire beherrscht. Die meisten Interpretationen überzeugen, Hang on to a Dream ist eine sehr kompakte Version und mehr Dur in Moll. Das America enttäuscht ein wenig, ist es doch allzu glatt und kann an die bekannte Version nicht reichen. Aber insgesamt eine der gelungenen Veröffentlichungen aus dem Back Katalog in der letzten Zeit.
Wie gut das Remastering ausgefallen ist (oder wieviel Aufwand betrieben wurde), lässt sich schwer sagen. Aber immerhin ist die Aufnahme ziemlich rauschfrei und bietet eine Orgel auf einem soliden Bassfundament.
Keine Entdeckung, aber eine Empfehlung, nicht nur für Spezialisten.