Empfindsame Yuppies
Das Cover hat mich lange abgeschreckt, obwohl Op. 80 von Felix Mendelssohn Bartholdy eines meiner liebsten Kammermusikwerke überhaupt ist. Welche Assoziationen soll das Foto auf dem Cover mit den vier gut angezogenen, ein wenig gelangweilt-borniert dreinblickenden jungen Männern wecken? Wie oft in letzter Zeit muss man das Bild ausblenden.
Denn sie spielen ganz anders, die Vier vom Quatuor Ebene. Erstaunlich empfindsam sind sie. Ich hatte mir nach den Anspielproben eine ganz andere Lesart vorgestellt. Bei Op. 80 etwa. Der Beginn fährt einem durch Mark und Bein, Raphael Merlin, der Cellist, spielt das wunderbar. Im Verlauf kosten die Franzosen dann sehr gern Melodien aus, machen kräftig Rubato, manchmal an der Grenze zum Kitsch. Für mein Empfinden ist dieses Werk auch ohne – so empfinde ich es bei Ebene – aufgesetztes Pathos emotional genug. Dann wieder war ich angesichts ja möglicher Weise angestrebter Ausdrucksextreme erstaunt, wie gebremst die Stretta des Kopfsatzes ausfällt. Denke ich da etwa an das Melos-Quartett, das in seiner alten Aufnahme auch nicht mit Espressivo geizte, bleibt Ebene vergleichsweise blass.
Um Missverständnissen vorzubeugen. Ich klage auf sehr hohem Niveau. Die vier Instrumentalisten spielen technisch ausgezeichnet, haben einen schönen Ensembleklang, setzen Vibrato ziemlich gezielt ein und können an so mancher Stelle – ich denke an Passagen in den Ecksätzen von Op. 13 – sehr suggestiv sein. Das Gesamtergebnis jedoch ist mir persönlich zu süß und zu schwer. Ein Zugang wie der des Talich-Quartetts liegt mir da erheblich näher.
Hoch anzurechnen ist dem In-Quartett, dass es sich eines Werkes von Fanny Mendelssohn-Hensel annimmt, das kompositorisch die Verwandtschaft zum Bruder nicht verleugnet, aber mit einer ungewöhnlichen Satzanlage und vielen ausdrucksstarken Passagen für sich einnimmt.
Klanglich finde ich die Aufnahme einen Hauch zu scharf, aber von hervorragender Transparenz, Balance und angenehmer Räumlichkeit.
Alles in allem für mich auch in Anbetracht der überschwänglichen Kritiken eine kleine Enttäuschung. Die Fans mögen es verzeihen.