Langeweile in Vinyl gegossen
Ich hatte mich sehr über die Ankündigung der Akustikscheibe gefreut,
das Interview klang vielversprechend, Akustik u. E-Akustik Gitarre.
Beim anspielen auf dem JPC Portal hat auch der Gitarrensound
sofort überzeugt. Wie hätte es bei Johnson auch anders sein können.
Dennoch hätte ich es besser wissen müssen, da EJ seit jeher immer
„mit angezogener Handbremse fährt“.
Es gibt viele hervorragende Gitarristen die auch selbst singen, davon haben
nur 10% großartige stimmen ( Steve Lukather, Bruce Springsteen, Jonny Lang.. ), weiter 10%
singen „nur“ gut, sind aber zudem menschlich als auch stimmlich charismatisch.
( Eric Clapton, Jimi Hendrix, Gary Moore... ),bei den restlichen 80% ist man froh,
wenn sie die Klappe halten ( Joe Satriani ,Andy Timmons, Hansi Bibel und........)
leider auch Eric Johnson, der Mann ist einfach kein Sänger.
Leider ist es nun so, das ich dachte, vorwiegend ein Instrumentalalbum zu erwerben.
Weit gefehlt, von 13 Songs sind 8 Gesangsstücke, also weit über die Hälfte.
Das ein Soundgourmet und Tüftler wie EJ nicht entdeckt,
dass seine Stimme völlig von Lebendigkeit, Charisma, Schönheit und Klangfülle
befreit ist leuchtet mir nicht ein. Selbst die Stücke, in denen eine (gute) Band im
Hintergrund verstärkend aufspielt, geraten zu furchtbaren Langweilern,
weil die Musiker offenbar zum Atomuhr - Click spielen mussten, und Johnsons
Eigenkompositionen den Charme von “Helene Fischer singt deutsche Weihnachtslieder“ haben .
Anders kann ich mir dieses dröge dahinsiechen nicht erklären.
Meine Fresse, Eric hat es sogar geschafft, einen im original wunderbaren
Simon & Garfunkel Song (Scarborough Fair/Canticle ) unter seinen Händen/Stimmbändern
zerfallen zu lassen. Traurig.
Aber es kommt noch schlimmer. Auch die Akustikstücke können (mich) nicht überzeugen.
Ich hatte gehofft, in Altersweisheit würde er mal alle Fünfe gerade sein lassen und frei von
der Seele spielen. Aber der Mann kann einfach beim komponieren und spielen von
Reißbrett, Taschenrechner und Zirkel nicht ablassen. Alles ist technisch perfekt, aber
nicht mehr als brav vorgetragen. Enttäuschend.
Gleiches gilt für die Arbeit am Flügel sowie der Nylonstring.
Auch sind die Arrangements zum teil merkwürdig und es gibt mitunter eigenartiges
Phasing ( bsp. „Wonder“ , „Fatherly Downs“ ) auf der Gesangsspur.
EJ hat Instrument und Gesang immer gleichzeitig aufgenommen.
Da hat er wohl mal salopp darüber hinweggesehen?
Ein, wenn auch kleines Highlight gibt es dennoch, die Jimi Hendrix Coverversion.
Einen solchen, toll komponierten, Song Monoliten von Hendrix kann man
glücklicherweise nur schwer entwerten.
Und es gibt noch ein zweites, das Gitarrenduett mit Doyle Dykes („The World Is Waiting.....) ,
ein quicklebendig gespieltes stück, dass nicht von Johnson komponiert wurde und zeigt,
welches Potential eine Akustikscheibe entwickeln könnte.
Die Pressung ist hervorragend, klanglich toll und es gibt ein sehr schön bebildertes InnenCover.
Aber was nützt das?
Oben auf der Übersichtsseite zu diesem Artikel neben dem Plattencover gibt es einen Stufenvergleich mit Jimi Hendrix,
Jeff Beck, Joe Satriani, Steve Vai und Stevie Ray Vaughan,
dem ich keinesfalls zustimmen kann. Das sind/waren alles Charismaten voller Energie.
Denn selbst Satriani und Vai , die als Technikmonster gelten, sind mit hörbar mehr
Emotion am Start . Man möge auch mal zwischen den Zeilen des Zitates über der Titelliste
lesen : „ ….einer der meist respektierten Gitarristen auf diesem Planeten“.
Das sagt einiges und ich rege hier zu eigenständigen Überlegungen an.
Besonders schade ist, auch wenn diese Rezension andersartige Eindrücke vermittelt,
dass mir Eric Johnson sehr sympathisch ist, was die Sache besonders traurig macht.
Auch nach dem zweiten mal anhören bessert sich der erste Eindruck keinesfalls.
Wer das, was ich hier sage für übertrieben oder geschulmeistert hält und die LP/CD
bereits besitzt, sollte sich bei diesen Stücken einmal Tori Amos am Flügel,
Bryan Adams am Micro und Tommy Emmanuel an der Gitarre zusammen vorstellen !
Tip : wer gerne etwas von EJ erwerben möchte, sollte zu seiner wirklich guten erste
Scheibe „ Ah Via Musicom „ geifen, die ich lange gesucht hatte und deren Erstauflage
nur schwer erhältlich war. Die Scheibe wurde später m.e. nicht mehr übertroffen.
Die CD ist hier im Portal erhältlich.