Direkter und persönlicher geht nicht
Nachdem im letzten Jahr "Der Einsamkeit zum Trotze" von Sarah Lesch erschien, fragte ich mich immer wieder, wie dieses in sich perfekte Album überhaupt noch gesteigert werden könnte. Ohne Erwartungen, aber dafür stets mit Vertrauen in die kreative Kraft von Frau Lesch, wurde ich mit TRIGGERWARNUNG ein weiteres Mal überrascht.
Die 10 vor uns liegenden Titel sind wieder ein Paradebeispiel für intuitives Musikmachen und eine fantastische direkte Bildsprache. Wer dachte, dass das Vorgängeralbum schon persönlich genug ist, der wird hier überrascht werden, wie sehr Sarah ihr Herz auf der Zunge trägt und unbequeme Wahrheiten und persönlich Erlebtes ausspricht und gegenwärtige Zustände unserer Gesellschaft und das Miteinander kritisch auf den Prüfstand stellt. Wirkt sie einerseits zerbrechlich, sensibel, zeigt sie aber gerade in ihrer vermeintlichen Schwäche ihre tatsächliche Stärke. Sie gibt jedem noch so traurigen Anlass den nötigen Anstoß der Hoffnung mit und fordert den/die HörerIn mindestens indirekt auf, die Inhalte und eigenen gemachten Konsequenzen aus dem Gehörten irgendwie sofort wirken zu lassen. Dieses Album ist zweifelsohne ein Zeitdokument, welches hoffentlich in der Zukunft von der nächsten LiedermacherInnen-Generation ebenso geehrt wird, wie die Werke von einst von den VertreterInnen heutiger Liedermacherkunst.
Musikalisch wird hier richtig aufgefahren und Frau Lesch ein musikalischer Klangteppich ausgelegt, der die Texte wunderbar ergänzt, ohne sich jedoch akustisch in den Vordergrund zu stellen. So können die Texte und Inhalte wirken. Die stets handgemachte akustische Kulisse mit Gitarre, Posaune, Saxophon, Piano, Munti und einigen anderen Instrumenten, wirkt wieder sehr stimmig und eingängig. Die Melodien saugen sich, wie die Texte, gekonnt im Ohr fest. Erik Manouz hat es sehr gut verstanden, zusammen mit seinen Bandkollegen Johannes, Clemens, Claudius und der tollen Unterstützung von Wencke und Antonia, Sarahs Stimme eindrucksvoll zu inszenieren, dass es eine Freude ist genau hinzuhören. Die Feinheiten und vielen Details machen Spaß, wenn man sie mit dem Ohr erkennt.
Gesanglich ist es natürlich wieder 100% Sarah. Mal kommt sie sehr sanft und still und schleicht sich ins Ohr, um einen Moment später mit Druck, Entschlossenheit und Wut, um ihrer Entrüstung Nachdruck zu verleihen - aber dabei immer stimmlich präzise... Dieses Album ist das wichtigste und persönlichste Werk.
Nach intensiven 40 Minuten der verschiednsten Gefühle und persönlichen, sowie gesellschaftlichen Themen, bin ich immer wieder beeindruckt von dieser Platte. Auch wenn viel trauriges behandelt wird, so möchte ich am Ende, wenn "Aus dem Staub" erklingt, die Künstlerin wertschätzend in den Arm nehmen und ihr sagen, dass alles gut wird.
Für mich das Album Highlight 2021, auf das sich das Warten gelohnt hat!