Ein Italienurlaub in trauter Zweisam – Dreisam – naja Mehrfachkeit.
Liebe ist tomatenrot von Ursi Breidenbach
Sooo, dann fangen wir mal an. Dieses Buch solltet ihr lesen, wenn ihr…………… TOMATEN MÖGT. Ende! Nein Spaß. So leicht lasse ich euch natürlich nicht davonkommen. Meine Rezi ist noch nicht zu Ende. Nochmal von vorne!
Hallo ihr. Es wird Zeit für einen warmen Frühlings- oder Sommerregen. Die Sonne soll endlich scheinen, die Wärme kommen. Nicht so etwas, das wir momentan draußen haben mit Grau in Grau, und Kälte. Nein, es muss was richtig Warmes sein, was Herzerwärmendes. Ein Frühling oder Sommer des Lebens. Heraus aus der Tristesse des Alltags und den Gedanken, die um uns herum kreisen, Wir brauchen Ablenkung. Etwas Neues. Neue Sinneseindrücke. Kurz gesagt…………..einen mediterranen Ort in Italien. Und dann ist da noch etwas Wichtiges: Es gibt da so eine Sache im Leben, die kann ich nicht gutheißen, oder verstehe sie manchmal nicht. Mit 20 hieß es………………“Nun bist du doch 20, nun musst du dies uns das tun“……………Wahrscheinlich ist es dasselbe mit 30, und mit 40 Jahren. Jederzeit im Leben gibt es Jemanden, der sich versucht einzumischen, und einem zu sagen, dass man nun so und so alt ist, und sich nicht mehr so und so benehmen darf, weil……………… ja warum eigentlich? Weil alles im Leben seine Zeit hat? Weil man ein bestimmtes Alter erreicht hat, und der Normalbürger statistisch gesehen dies uns das macht? Und wenn man sich dem widersetzt ist man unnormal? Also bitte! Ihr seht. Dieses Thema lässt mich nicht kalt. Und irgendwie hat es ein wenig mit der Geschichte im Buch zu tun, wenngleich es gar nicht das Hauptthema ist. Denn da gibt es ja noch besagtes………… wundervolles…………….Dorf……………in…………..Italien :). Hier also der Inhalt des Buches.
Die Geschichte die das Buch euch erzählt:
Ich mag ja eher so das leise und langsame Kennenlernen zweier Menschen, zwischen denen man einfach spürt, dass es richtig ist, und nicht dieses „Rums, an diesem Abend reiß ich dich auf, Baby“. Das ist so gar nicht mein Fall. Aber was soll ich sagen? Jeder Mensch ist anders. Nelli, 39 Jahre und 364 Tage alt (eine leichte Schätzung, befinden wir uns doch am Vorabend ihres 40. Geburtstages), ist eine junggebliebene Frau, fest in ihrem Job, geschieden, und mit einer Tochter, die 19 ist, Laura. Da die beiden ein ziemlich enges Verhältnis verbindet, möchte Laura nicht, dass ihre Mutter alleine in ihren 40. Geburtstag reinfeiert, und so nimmt sie sie mit, in eine Studentenkneipe, zusammen mit Lauras Freundinnen. Aus dem Spiel der jungen Frauen „Wen finden wir eigentlich heiß hier?“, wird schnell ernst, als Nelli auf Luca trifft. Der nur wenige Jahre älter ist als ihre Laura. Wie es kommen muss, lässt sie sich auf ihn ein, und schon schnell verbindet die beiden etwas Körperliches, was Nelli ungemein guttut. Fühlt sie sich von diesem jungen Mann, der so wunderschön und adonisgleich ist, begehrt, und kann so wegwischen, dass sie 40 geworden ist…………. Und manchmal gar nicht verstehen WARUM er sie begehrt :D.
Luca erzählt Nelli vom einem Haus in Italien, diese hört leider nicht genau hin, und sagt einem Urlaub mit Luca gemeinsam einfach zu. Will sie doch als jung, spontan, sorgenfrei gelten, um mit der Jugendlichkeit des 24jährigen mitzuhalten. Mal nicht ständig überlegen zu müssen und auszuspannen unter der italienischen Sonne reicht ihr fürs erste völlig aus. Und Italien als kleines Liebesnest, nur für sie beide, ist ja auch irgendwie schön. Hätte sie nur mal genau hingehört! Was ich euch vorenthalten habe, ist, dass Luca ein wenig italienisches Blut in sich trägt, und er Nelli seine Familie vorstellen will. Huch, meint der gute Luca es etwa ernst mit ihr? Und überhaupt….. hätte sie doch wirklich mal genau zugehört. Die beiden landen also in Tabbio, einem kleinen italienischen Dorf in der Emilia Romagna. Ich kam ja schon so ein wenig immer wieder in einen Gewissenskonflikt zwischen der Frage, wie alt der Altersunterschied von Partnern sein darf, kann, sein sollte, egal ist……oder oder oder? …… und plötzlich taucht da in diesem wunderschönen Italien mitten im Tomatenfeld ja auch noch ein…………. Nennen wir ihn mal Roberto….. auf. Der ungefähr in Nellis Alter ist. Dazu kommt Lucas Familie. Eine Pastasoße, die paradiesisch ist. Und jede Menge Dinge, die einen überraschen werden, weil sie so nicht geplant waren. Denn nach und nach kommt Nellis Unzufriedenheit, und ihre Ratlosigkeit ob des Lebens heraus. So und nun ist Schluss. Alles Weitere solltet ihr selbst lesen, damit die Lesefreude bleibt. Ich gebe euch hier nur ein leichtes Grundgerüst, euer Lese-Casa müsst ihr schon selber bauen :D
Das Cover:
Das Cover ist fröhlich, und lädt einen auf die Italienreise ein, verrät nicht zu viel, und macht trotzdem Lust auf diese Reise, weil es so bunt und tomatig ist.
Fazit und Gedanken zum Buch:
Was ist das mit diesem Altersunterschied? Wir haben wirklich viele Fragen des Lebens im Roman. Jung sein und gleich heiraten und Kinder bekommen? Und wenn ja, wie richtig ist das? Oder erst die Welt entdecken? Sollte jemand der die Welt entdecken will, und jemand der anders denkt zusammen sein? In mehreren Variationen der Protagonisten spiegeln sich genau diese Fragen. Und das nicht nur in Bezug auf Nelli und Luca. Es ist oft ein „Gegensätze ziehen sich an vs. Gleich und gleich gesellt sich gern“. Nelli ist festgefahren in ihrem Leben, steckt fest kommt nicht weiter, weil alles immer gleich ist. Luca ist aufregend, anders, spannend, abenteuerlich, ablenkend, und …………jung. Es lässt die Gedanken darum kreisen, dass Dinge manchmal passen, und eventuell einfach nur im falschen Moment des Lebens passieren. Deswegen……………nicht ungeduldig sein, und Ruhe bewahren :). Diese Frage des falschen und richtigen Momentes im Leben kommt öfter vor, und wird sich von einigen Protagonisten gefragt.
Und so verfällt man im Buch nicht einem, nicht zweien, naja, mehreren Ganz-Halb-Viertel-Garnichtaberirgendwiedoch-Italienern …..ähm irgendwie………..zu verschiedenen Zeiten, und vielleicht auch nur aus Sympathie, oder viel mehr, und überhaupt………. Da sind ja auch noch die netten Italienerinnen, denen man verfallen kann. :D. Ich selbst denke, habe mich nicht nur in das Buch verliebt, sondern auch in die Atmosphäre, die es ausstrahlt. Die Ruhe, das italienische Lebensgefühl, die Entschleunigung, sie netten Menschen, sie mich als Leser in ihren Kreis aufgenommen haben, das gute Essen, das ich fast schon auf meiner Zunge gefühlt habe. Und irgendwie auch die italienische Landschaft, sie im Buch so angemutet hat, als ob ich just beim Lesen in ihr verweilt hätte. Allgemeine Unzufriedenheit. All das war während des Lesens weggewischt, und die Abwechslung im Leben war stattdessen da. Das Buch war doch tiefgründiger als ich anfänglich gedacht hätte, und das in allen Bereichen des Lebens. Wie eine sanfte Mahnung sein eigenes Leben widerzuspiegeln und zu reflektieren
Das Buch ist wie ein Gefühl, eine Emotion, die tief in einem rührt. Und wer sich damit auskennt, weiß, dass man Gefühle meist schlecht beschreiben kann. Weil sie eben Gefühle sind, und für jeden anders. Und die wissenschaftliche Beschreibung würde den Zauber des Gefühls nehmen. Lasst euch trotzdem gesagt sein. Es ist ein schönes und gutes Gefühl, welches Lächeln in Gesichter zaubert, und einen so zurücklässt. Ebenso wie die Erkenntnis, dass der Frühling, oder Sommer des Lebens, nichts mit Alter zu tun hat, sondern mit Gefühlen. Die Einzelheiten und kleinen Dinge in den Sätzen sind wichtig, und erfordern Aufmerksamkeit. Sie machen das ganze Lesevergnügen. Jede Kleinigkeit, Berührung, oder jeder Gedanke ist wichtig, und ungemein intensiv. Da sind Menschen und Begegnungen, die Spuren in einem hinterlassen, und manche Dinge werden erst mit ein wenig Abstand klarer, oder, wenn man nicht zu abgelenkt durch seine Sorgen ist, und die Einsicht so dadurch versperrt wird.
Deswegen: Der Schreibstil gefällt mir ungemein gut. Er ist nicht kitschig, er ist realistisch, aber lädt trotzdem auch zum Träumen ein, und beschreibt alles wundervoll. Aber vor allem regt er mächtig zum Denken an, und man kann durchgehend in die Gefühle und Sehnsüchte der Protagonisten reinschauen. Diese Fragen, ob sich zwei Menschen einfach zum falschen Zeitpunkt kennengelernt haben, oder zum richtigen, und einfach nicht gepasst haben…… oder ist vielleicht doch alles Schicksal?.....sind gegenwärtig. Die Unsicherheiten des Menschen haben wir hier in allen Facetten. Und in allen Lebenssituationen als Reflektion. Wir haben Sprunghaftigkeit gegen Beständigkeit und Sicherheit, und was einem wann und wie wichtiger erscheint. So wird uns wunderbar aufgezeigt, dass das Gefühl der Jugendlichkeit und Unbekümmertheit nichts mit einer Zahl, dem Alter zu tun hat, sondern eher ein Gefühl ist, einer Empfindung gleicht, die man in jedem Alter zusammen haben kann. Aber vor allem haben wir Entschleunigung. Der Focus liegt auf anderen Dingen des Lebens. Lebenslust Freude, Geselligkeit und ja……. Liebe. Die Umgebung vom Ort Tabbio wird so wunderbar beschrieben, dass man sich während des Lesens mitten in Italien gewähnt hat. Und zwar nicht in einer Stadt am Meer, sondern richtig im Hinterland, dort wo Dörfer und putzige Häuser sind, Sträucher, Wege………… und Tomatenfelder. Das war wie ein kleiner Urlaub fürs Gehirn, und unheimlich entspannend während des Lesens. Diese Stimmung wurde wirklich bezaubernd und wunderschön eingefangen.
Der Humor war im Buch durchgehend da. Man hat fast immer mitgelacht, oder zumindest mitgefühlt, wie die Protagonisten im jeweiligen Buchaugenblick. Und dabei kamen manchmal wirklich ziemlich witzige Situationen heraus, bei denen man als Leser herzlich lachen müsste. Das Ganze ist ziemlich erfrischend. Das Buch kann eigentlich jede Altersgruppe lesen, die sich für lebendige Romane interessiert, die vor Leben nur so sprühen. Fast ähnlich wie im Buch, wo eine Alterssparte von 19 bis 80 erscheint. Aber die Figuren scheinen trotzdem zeitlos, und es gibt kein direktes Anzeichen, dass die Charaktere in diesem und jenem Alter im Buch sich genauso benehmen, wie sie es in diesem Alter tun sollten.
Auch zeigt das Buch wunderbar an, wie es ist, im Augenblick zu leben, nicht an die Zukunft zu denken, und sich nur Gedanken darüber zu machen, was sein wird, denn Ändern kann man es ja eh nicht, oder erst, wenn es dann da ist. Diese italienische Gelassenheit war fast greifbar, und das war ein verdammt schönes Gefühl, voller Ruhe, und weg von der Hektik, die einen hier manchmal tagtäglich umkreist. Wir lernen also: Alles im Leben hat seine Zeit, und der Umgang damit, das wird im Buch thematisiert. Fast wie Jahreszeiten des Lebens, und jedes Alter ist eine bestimmte Jahreszeit. Der Frühling mit 20, der Sommer mit Mitte 20, der Herbst mit 40……………. Oder doch auch der Sommer? Vielleicht hatte man als 20jährige keinen Frühling, und holt diesen nun nach. Und trotzdem agiert man so, wie es von einem erwartet wird. Wie jemand mit 40? Das alles lässt einen schon nachdenken. Es ist wie ein zweiter Frühling. Oder sogar der erste. Es ist ein Lebensabschnitt, wie ein Jahreszeitenabschnitt. Und welche Jahreszeit zu welchem Abschnitt des Lebens gehört, das können nur wir selbst herausfinden.
Nelli leidet an Selbstzweifeln. Mit 40. Wie sie auf andere wirkt? Wie sie und ihr so viel jüngerer Luca gemeinsam auf andere wirken? Alter ist ja ein Gefühl. Es gibt alte Menschen, die fühlen sich jung und können mit jedem Jugendlichen mithalten, und es gibt junge Menschen, die so alt im Geiste sind, dass es manche wundert. Ja, wie alt man sich selbst fühlt ist immer wichtig, denn was noch dazu kommt ist die persönliche Einstellung eines jeden Menschen. Fühle ich mich jung? Bin ich eher ein Langweiler? Das können schon Jugendliche sein. Und manche Leute in der Mitte des Lebens können spritzig und humorig sein, um mit ihnen Spaß zu haben. Nun kommt noch eine weitere Frage dazu. Ist Spaß alles, was man im Leben braucht, oder geht es auch noch um ein gewisses Maß an Hingezogenheit, Ruhe, Ausgeglichenheit und Zufriedenheit, ein Gleichgewicht mit sich selbst? Ihr werdet es im Buch herausfinden.
……………….und eigentlich wollte ich doch mit diesem Roman nur in den Frühling starten. Ein wenig die Zeit genießen. Nach Italien fahren. La Dolce Vita eben. Die Landschaft, die Sonne, aus Tomaten ein Herz basteln, und irgendwie den Süden genießen…. (was ich gewissermaßen ja auch getan habe, nur habe ich dabei ein wenig mehr nachgedacht, was ja nichts Schlechtes bedeutet :))
Und wie jede meiner Rezensionen, möchte ich auch diese mit einem Lied beenden, welches mir während des Lesend im Kopf herumgespukt ist:
„Fiori……….. che nascono…… dai rovi…… Qui fuori ……cicatrizzano …..gli errori miei.
Sei tu senz'alcun dubbio l'artefice………… di questa primavera che c'è….in me….. in me….
Qui fuori……. Nell'autoscatto di noi.“