Lesenswerter Klassiker in wunderschönem Gewand!
INHALT:
Eine Frau, von der niemand weiß, woher sie kommt, bringt in einem Armenhaus ein Kind zur Welt. Oliver Twist kämpft sich ins Leben, während seine Mutter stirbt.
So wächst der Junge ohne Eltern unter Hunger und Prügel bis zu seinem neunten Lebensjahr im Armenhaus heran.
Ein Leichenbestatter möchte ihn unter seine Fittiche nehmen. Doch Oliver muss dort viel Häme, Spott, Hunger und Misshandlung erfahren.
Schließlich schleicht er sich davon und begibt sich auf den Weg nach London, in der Hoffnung, dass ihn dort niemand findet. Doch in der Großstadt gerät er in die Hände von Taschendieben, die ihn nicht so schnell gehen lassen wollen…
MEINUNG:
Ich muss zugeben, dies war das erste Mal, dass ich „Oliver Twist“ gelesen habe. Ausschnitte einer Verfilmung hatte ich als Kind mal gesehen, habe sie jedoch nur mehr als vage im Hinterkopf behalten. So hatte ich fälschlicherweise die Erwartung gehabt, dass es sich bei dem Buch um ein Werk für Kinder handelt. Dem würde ich, nachdem ich es nun gelesen habe, eher widersprechen. Die hier von Carl Kolb übersetzte und von Janika Krichtel bearbeitete Fassung beinhaltet stolze 360 Seiten in nicht unbedingt einfacher Ausdrucksweise. Ich habe den Anfang der Geschichte mit anderen Ausgaben verglichen – mir als Erwachsene gefällt die hiesige, die weniger Schachtelsätze besitzt als andere, recht gut. Doch wie für viele Klassiker typisch, beinhaltet auch diese Ausgabe eine eher anspruchsvolle und zum Teil altertümliche Sprache. Dadurch benötigt man beim Lesen Pausen, die sich zwar durch die in 54 Kapitel unterteilte Geschichte einerseits leicht vollziehen lassen, einen andererseits aber aus dem Lesefluss bringen können. So hatte ich nach jeder Unterbrechung Schwierigkeiten, die jeweiligen Namen zuzuordnen. Ich denke jedoch, jetzt, da ich die Geschichte kenne, würde ich mich damit viel einfacher tun, wenn ich das Buch noch einmal lesen würde.
Auch bei der Handlung hatte ich nicht unbedingt das Gefühl, ein Kinderbuch zu lesen. Zumindest gibt es Mord & Totschlag und immer wieder wird Leuten mit dem Galgen gedroht.
Der Verlag empfiehlt das Buch für Kinder ab 10 Jahre – ich denke, bei Kindern sollte man hier individuell schauen, ob es wirklich passt.
Gerne möchte ich das Buch jedoch Jugendlichen und Erwachsenen empfehlen, die sich an einen Klassiker heranwagen wollen. Durch die hochwertige Aufmachung eignet sich das Buch auch toll als besonderes Geschenk und wird sicherlich gerne in die Hand genommen!
Das große Highlight sind für mich bei dieser bebilderten Ausgabe die detailreichen, düsteren, eher dunkel gehaltenen aber gleichzeitig wunderschönen Illustrationen von Lev Kaplan. Sie wirken bedrückend, bewegen und unterstützen die Atmosphäre des Buches hervorragend, in dem es viel um Armut, Misshandlung, Leid und Kriminalität geht.
Insgesamt ist mir Oliver sehr ans Herz gewachsen und ich konnte viel Mitgefühl für ihn entwickeln. Trotzdem war er mir vor allem gegen Ende etwas zu passiv, während um ihn herum so viel geschehen ist.
Auch andere Figuren hätten meiner Meinung nach noch mehr Ecken und Kanten vertragen können. Gut & Böse war mir hier etwas zu schwarz-weiß dargestellt.
Zwar gab es für mich im Mittelteil ein paar Längen, doch das erste und das letzte Drittel der Geschichte, fand ich sehr spannend.
Insgesamt habe ich das Buch gerne gelesen und ich hoffe sehr, dass es auch bei anderen Lesern noch auf Begeisterung treffen wird!
FAZIT: Vielleicht bin ich von Dickens Figuren nicht restlos begeistert, trotzdem finde ich die Geschichte interessant und habe ihren Verlauf gerne verfolgt. Zudem bin ich erfreut darüber, dass ich den Klassiker in dieser wunderschönen Ausgabe kennenlernen durfte. Die eindrucksvolle Bebilderung macht das Buch für mich besonders, weshalb ich es gerne Jugendlichen und Erwachsenen ans Herz legen möchte! 4,5/5 Sterne