Eine eingeschworene, verschwiegene Dorfgemeinschaft
"Zu frühe Urteile sind Vorurteile, aus denen der Irrtum emporsteigt wie der Nebel aus dem Meere." (Johann Heinrich Pestalozzi)
In Ochsenwang einem Dorf auf der Schwäbischen Alb wird die in die Jahre gekommene Ines Schneider ermordet. Der vorbestrafte Pflegesohn Johann Haug wird vom ganzen Dorf verdächtigt, sie getötet zu haben. Den alle scheinen ihn nicht nur am Tod seiner Pflegemutter schuldig zu sehen, sondern ebenfalls für den Tod seiner vor über 20 Jahren getöteten Freundin Vanessa Beckmann. Als sie dann in seiner Wohnung Beweise für Ines Schneiders Tod finden steht, fest nur er kann es gewesen sein. Für seine Anwältin Dr. Linn Geller scheinen diese Vorteile erst einmal nicht zu gelten, doch je länger sie in dem Fall nachforscht, desto verunsicherter wird selbst sie, dass Johann schuldig sein könnte. Linn lässt jedoch nichts unversucht, um weiter in Johanns Vergangenheit zu graben und wird dadurch immer öfter zur Zielscheibe der Dorfgemeinschaft. Doch die eingeschworene Gemeinschaft bleibt weiter verschwiegen und so begibt sich Linn ein weiteres Mal in große Gefahr, um ihrem Mandanten zu helfen.
Meine Meinung:
Das Cover mit dem einsamen Haus passt sehr gut zum Inhalt dieses Buches. Bisher kannte ich die Autorin noch nicht und war durch den Klappentext schon sehr neugierig auf diesen Kriminalfall. Der Schreibstil ist flüssig, unterhaltsam, sehr spannend, wundervoll bildhaft beschrieben und in mehrere kürzere Kapitel eingeteilt. Für mich war es neu eine Anwältin als Ermittlerin zu erleben, jedoch dadurch das Julia Hofelich selbst Juristin ist, kann sie Linn Geller sehr gut darstellen. Man spürt sofort das die Autorin sich sehr gut in diesem Metier auskennt und viel juristische Grundlagen hat, ohne das sie kompliziert dargestellt werden. Da ich die Schwäbische Alb gut kenne, konnte ich mir die eingeschworene Dorfgemeinschaft sehr gut vorstellen. Wobei man sicher solche kleineren, verschworenen Dörfer überall finden kann. Im Plot geht es um einen Mord an der Pflegemutter, die ihren Sohn Johann schon als Kind gehasst und drangsaliert hat, da er aus einem schwierigen Elternhaus kam. Von daher ist man als Leser immer wieder hin- und hergerissen, ob Johann nun schuldig ist oder nicht. Zudem geht es um den Tod von Vanessa, die man vor über 20 Jahren brutal erschlagen und ausgeweidet hat. Da man zudem erdrückende Beweise in Johanns Haus gefunden hat, liegt die Schuld schwer auf ihm, obwohl er vehement beteuert unschuldig zu sein. Als Linn feststellt, dass die Staatsanwaltschaft relevanten Beweise zurückhält, kann sie erst einmal Johann aus dem Gefängnis holen. Doch immer noch scheinen alle von seiner Schuld überzeugt zu sein. Obwohl es in Ochsenwang durchaus noch andere Tatverdächtige gibt, die nicht nur für den Tod von Ines, sondern auch für Vanessa verantwortlich sein könnten. Ich muss sagen die Autorin weiß, wie man uns Leser packen kann, in dem man den Spannungsbogen kontinuierlich hochhält. Zwar gab es zwischen den einzelnen Passagen, immer wieder ruhigere Momente zum Verschnaufen, doch dann kamen wieder Überraschungsmomente, bei denen ich förmlich mit Linn mitgefiebert habe. Dass man für einen Krimi nicht unbedingt einen Ermittler der Kripo braucht, um spannend zu sein, erlebe ich hier in diesem Buch. Trotz ihres Handicaps dem kaputten Bein, scheint Linn eine ausgesprochen engagierte, sympathische Anwältin zu sein. Sie scheut sich selbst nicht davor vor Ort zu ermitteln und sogar trotz ihrer Ängste sich in Gefahr zu begeben. Mit ihrem netten Kollegen Götz betreibt sie eine Kanzlei. Leider wird ihre Freundschaft ein wenig auf die Probe gestellt, da Götz mehr für Linn empfindet, sie jedoch nicht für ihn. Linns Faible für den englischen Polizisten Harris scheint hingegen ebenfalls Risse zu bekommen. Für mich war dies jedenfalls ein wirklich gelungener Krimi, der sich zu lesen lohnt und der von mir 5 von 5 Sterne bekommt.