Nur dreieinhalb Stunden – ein spannender Thriller mit Gesellschaftskritik
Zum Inhalt:
Als „Spindoktor“ hilft Medienberaterin Jody „JJ“ Johnson den Reichen und Schönen Hollywoods, auch die scheinbar aussichtslosesten PR-Desaster zur Eigenwerbung zu vermarkten: Reue, Treue, Wohltätigkeit. Als sie beim Business-Lunch in Hollywoods exklusivstem Restaurant, dem Alfie´s, einen ihrer PR-Schützline, Hollywoods neuen Shootingstar Alex King, im Auge behält, stürmt auf einmal ein maskierter, schwer bewaffneter Mann mit Sprengstoffweste das Lokal und nimmt die zwei Dutzend anwesenden Personen als Geiseln. Während im Alfie´s ein grausames „Spiel“ beginnt, liefert sich die Presse einen unethischen Wettlauf um die schnellste und reißerischste Berichterstattung…
Meine Meinung:
Bestsellerautor James / J.S. Carol (das Pseudonym von Steve Jackson) ist seit „Broken Dolls“ bekannt für atemberaubende Spannung. Mit „Fürchte Dich“ (OT: „Tick Tick Boom“) legt er nun einen Stand-Alone Thriller vor, der eine fantastische Vorlage für einen Hollywoood-Thriller abgeben würde.
Die rd. 330 Seiten starke Geschichte spielt sich komplett in nur 3 ½ Stunden ab, zwischen 13:00 – 16:30 (abgesehen von Pro- und Epilog), wodurch der Leser die Geschehnisse nahezu in Echtzeit verfolgt (á la „24“). Das Drama beginnt ohne großes Vorgeplänkel bereits auf Seite 24, als der maskierte Geiselnehmer ins Restaurant stürmt. Von dort an gibt es nur noch zwei Welten: eine im Alfie´s und eine außerhalb des Alfie´s. Und diese beiden Welten scheinen für die Geiseln auf einmal Lichtjahre voneinander entfernt zu sein. Carol erzählt seine Story i.W. aus den vier Perspektiven von Medienberaterin Jody „JJ“ Johnson und Jungschauspieler & Shootingstar Alex King (im Alfie´s) sowie vom aufstrebendem Lokalreporter Rob Taylor und seinem Boss Seth (draußen). Durch einen schnellen und stetigen Wechsel der Perspektive gelingt es Carol, das Tempo stets auf hohem Niveau zu halten. Außerdem steigert sich die Spannung durch dieses Stilmittel gerade in der zweiten Hälfte, in der man immer mehr mit den Geiseln mitgezittert, ins nahezu Unerträgliche.
Es ist ein Wettlauf mit der Zeit und um das Leben der Geiseln. Auch wenn es schon viele Storys um Geiselnehmer gibt, geht der maskierte Geiselnehmer im Alfie´s doch nach einem sehr ungewöhnlichen Modus Operandi vor. Entsprechend rätseln sowohl die Geiseln als auch die Polizei und die Presse über Herkunft und Motiv des Geiselnehmers. Mir ging es beim Lesen nicht anders, und das tatsächliche Motiv des Täters bleibt bei vielen unterschiedlichsten Spekulationen bis zuletzt im Dunkeln. Die Auflösung war in gleichem Maße überraschend wie nachvollziehbar. Dies hat der Autor für meinen Geschmack wirklich sehr gut gelöst.
Neben dem für einen Thriller genreimmanenten Fokus auf die Spannung weist „Fürchte Dich“ aber durchaus auch Drama-Elemente auf, die mir gut gefallen haben. Sehr gelungen finde ich auch das Bild der sensationsgierigen Medien, das Carol detailliert zeichnet. Hierbei ergeben sich erstaunliche Parallelen zwischen dem skrupellosen Geiselnehmer und dem Medienboss Seth, den seine drei etwas klischeebehafteten Assistenten (eine junge lesbische Frau und zwei junge Männer, mit asiatischen bzw. afroamerikanischen Wurzeln) anscheinend fast genauso fürchten wie die Geiseln den Geiselnehmer. Weitgehend gefühllos und 100%ig berechnend führt Seth bei der Berichterstattung Regie und spielt dabei den Herrn über das (berufliche) Schicksal seiner Mitarbeiter. So haben beide Welten (drinnen & draußen) ihren eigenen Schurken.
FAZIT:
Ein spannender und temporeicher Thriller mit einem Schuss Drama und Gesellschaftskritik.