Abschluss der Saga – leider ging der Geschichte schon früh die Luft aus. Muss man nicht gelesen haben.
Buchinhalt:
Wien in den 1960er Jahren: längst ist Erika in Österreich angekommen und hat mit ihre Familie Fuß gefasst. Doch ihre Ehe mit Erich ist nicht glücklich. Dennoch hält das Paar die Fassade lange für die gemeinsamen Kinder aufrecht. Als Erikas Jugendliebe Jakub wieder auftaucht, trennt sich Erika und fängt ein neues Leben an. Die Kinder von Erika und Erich haben auch alle ihren eigenen Kopf, vom ehemaligen Familiensinn wie einst im böhmischen Hohenfurth ist nicht mehr viel zu spüren...
Persönlicher Eindruck:
m dritten und letzten Teil ihrer Böhmen-Trilogie befasst sich Autorin Sonnberger mit dem Leben in den 1960er Jahren, als Erika und Co. Fuß gefasst haben in der neuen Heimat. Der Schwerpunkt liegt jetzt bereits auf der nächsten Generation, besonders Tochter Sybille („Billie“) steht immer häufiger im Fokus und schlägt die Brücke zwischen der heimatvertriebenen Elterngeneration einerseits und den in Österreich geborenen bzw. dort aufgewachsenen Kindern andererseits.
Sehr gut ausgearbeitet und authentisch beschrieben ist das Leben in den 60er und 70er Jahren. Das Lebensgefühl, die Hoffnungen und Träume der nächsten Generation werden dem Leser plastisch vor Augen geführt, nicht zuletzt durch das Einfließenlassen von politischen und gesellschaftlichen Meilensteinen, wie dem Prager Frühling oder der Mondlandung von Apollo 11.
Leider spielt Hohenfurth so gut wie keine Rolle mehr, außer einer kurzen, ernüchternden Reise von Erika und Freundin Emmi zu den Orten ihrer Kindheit gibt es keine Berührungspunkte mehr mit dem Sudetenland. Und genau das kann ich nicht glauben. Es wird kein einziges Böhmerwäldlertreffen geschildert, obwohl ich aus eigenem Bekanntenkreis weiß, dass gerade so kurz nach Flucht und Vertreibung das Bedürfnis nach Zusammengehörigkeit und Erinnerung noch hoch und präsent sein müsste. So, wie die Autorin erzählt, haben alle Beteiligten des Romans komplett abgeschlossen mit der Vertreibung aus der alten Heimat. Und das ist für mich absolut unglaubwürdig.
Erika als Hauptfigur der Elterngeneration kommt bei mir noch unsympathischer weg als im zweiten Band, ihre Kaltschnäuzigkeit Kamilla gegenüber, der leiblichen Tochter von Tante Mimi, ist bis zum Ende mit Händen zu greifen: bis ins hohe Alter ist und bleibt Kamilla, die mit nichts aus der Tschechoslowakei geflohen ist, eine Art Dienstmädchen in Erikas Haushalt. Ich frage mich: hat Erika so schnell vergessen, dass sie selbst mehrfach in ihrem Leben ein Flüchtling war, der auf das Wohlwollen Anderer angewiesen war? Erika erscheint egoistisch und selbstsüchtig, was sich auch darin zeigt, wie sie Mann und Kinder einfach sitzen lässt, um ihre längst verjährte Jugendliebe zu Jakub neu aufzuwärmen.
Ein weiteres wichtiges Element in der Erzählung ist das Gemälde aus dem Besitz von Erikas Vorfahren. Lange ist es verschollen, dann taucht es unter merkwürdig glücklichen Umständen wieder auf. Nicht nur an dieser Stelle wirkt die Wendung der Geschichte mehr als konstruiert. Auch die vielen Schicksalsschläge bei allen Beteiligten wirkten etwas dick aufgetragen – und deuteten schon an, dass man hier krampfhaft versucht, die Spannung wenigstens noch ein bisschen hoch zu halten.
Möglicherweise hätte es der Gesamterzählung (die laut Angaben der Autorin größtenteils ihre eigene Familiengeschichte sein soll) gut getan, hätte man sie gestraffter und nicht auf drei Bände aufgebläht erzählt. Ich hatte nach etwa der Hälfte des Romans unweigerlich das Gefühl, dass alles sehr in die Länge gezogen schien.
Insgesamt begeisterte mich nur der erste Band der Reihe, die beiden anderen konnten an die Vielschichtigkeit dessen nicht mehr heranreichen. Die Luft ist einfach raus.