Spannung vom Anfang bis zum Ende
Teil 4 – Roter Rabe - und wir sind wieder in Dresden! Man schreibt nun das Jahr 1951. Seit fast zwei Jahren gibt es zwei deutsche Staaten. Deutschland ist getrennt und es existieren zwei politische Systeme.
Max Heller, der Oberkommissar, kommt mit seiner Frau Karin und Pflegekind Anni vom erholsamen Ostseeurlaub zurück. Nachdem Karin kurze Zeit später in den Westen zu Sohn Erwin reisen darf, bleibt Heller mit unguten Gefühlen und Sorge zurück. Doch zum Grübeln bleibt ihm keine Zeit, denn es passieren unerklärliche Todesfälle wie am Fließband. Von Spionage ist die Rede, vom mysteriösen Amerikaner, den man Rabe (russisch: Woron) nennt, von dem eine große Gefahr auszugehen scheint. Lange Zeit tappen Max Heller und seine beiden Kollegen Oldenbusch und Salbach im Dunkeln, ehe sich alles aufklärt.
Ich bin sofort wieder gut in das Geschehen hineingekommen. Es sind nur wenige Tage im September (vom 8. bis 23.), die der Autor Frank Goldammer mit einer atemberaubenden, manchmal mit Beklemmung gemischter Spannung beschreibt. Eine unterschwellige Bedrohung ist in den Zeilen für mich ständig spürbar. Es passiert sehr viel Seltsames, Unerklärliches. Eigenartige, manchmal regelrecht schizophren zu nennende Zustände überall!
Mir gefällt die natürliche, unverkrampfte Schreibweise bis in die Dialoge hinein. Auch die Protagonisten agieren im Kontext ihrer Zeit und mir kam es manchmal so vor, als wäre ich selbst mittendrin. Schon in meiner Rezension zum 3. Teil schrieb ich, wie sehr mich der direkte, lebendige Sprachstil begeistert, der den jeweiligen Umständen voll entspricht. Seit Teil 1 „Der Angstmann“, seit Ende November 1944 habe ich Kommissar Max Heller bisher begleitet. Er ist und bleibt eindeutig der positive Held, an seinem Charakter gibt es fast nichts auszusetzen. Der Mann ist sympathisch, direkt in der Ansprache gegenüber allen; sehr gewissenhaft, pragmatisch, wertungsfrei und konsequent, unbestechlich geht er seiner Arbeit nach. Warnungen seines Vorgesetzten Niesbach schlägt er in den Wind und politische Querelen interessieren ihn nicht, wenn sie seine Ermittlungen tangieren. Es kommt recht gut rüber bei mir, wie unter der Bevölkerung, aber auch in den Ämtern bis hin zum Geheimdienst (MfS) sich eine Atmosphäre breitmacht, die von Angst, Mißtrauen, großer Unsicherheit und Paranoia geprägt ist und die dann wiederum weitergetragen wird. Das bringt der Autor besonders gut bei der Figur des Kommissars Oldenbusch zum Ausdruck. Überhaupt gelingt es Frank Goldammer die gesellschaftlichen, politischen Zustände in der jungen DDR und die Befindlichkeiten der Menschen eindrucksvoll und lebensecht zu schildern. Auch in den Geheimdiensten (DDR – MfS, UdSSR – MGB) arbeiten Menschen aus Fleisch und Blut! Hier im Roten Raben sind das zum einen der ältere Sohn von Max Heller, Klaus, und zum anderen der junge Russe Alexej Saizev. Den sowjetischen Offizier konnte man schon in Teil 1 kennenlernen. Deshalb war ich sehr erstaunt über seine Entwicklung, seine Rolle in dieser Geschichte. Ich bin gespannt, nicht nur wegen ihm, wie der Autor im nächsten Teil die Charaktere weiter agieren läßt.
Fazit:
Wieder sehr spannend zu lesen! Auch die privaten Aspekte der Protagonisten werden nicht vernachlässigt. Ein sehr lebendiger, großartiger Krimi mit gut recherchierter deutscher Geschichte. Ein Riesenthema! Es gibt wieder ein überraschendes, fulminantes Ende, dass eklatante Fragen über den Roten Raben offen läßt.
Ich freue mich auf den nächsten Teil und vergebe gern meine Empfehlung und fünf von fünf Sternen.