Konzert bei jpc mit Claire Huangci und Felix Klieser
Da ist Musik drin! Für die Regale des Lagers von jpc in Georgsmarienhütte gilt das ohnehin. In beeindruckender Zahl stehen und liegen in den Fächern CDs und Vinyl-Schallplatten. Doch am 12. Mai gab es zum ersten Mal klassische Musik mit echten Stars live vor Ort.
Der Echo-Klassik-Preisträger und Hornist Felix Klieser und Pianistin Claire Huangci spielten Stücke aus ihren neuen CDs in dem Bereich des jpc-Lagers, in dem täglich die Ware ein- und ausgeht. Ihr Publikum: die jpc-Mitarbeiter.
Claire Huangci im Interview bei jpc
Claire Huangci hat im April ihr zweites Album mit Klaviersonaten von Domenico Scarlatti bei Berlin Classics veröffentlicht. Die amerikanische Pianistin chinesischer Abstammung lebt seit 2007 in Hannover, wo sie an der Musikhochschule studiert. Wir wollten von Claire wissen, wie sich das Musikerleben in Deutschland von dem in ihrer Heimat USA unterscheide. Im Vergleich zu den USA nimmt Claire Huangci die klassische Musik in Deutschland als bedeutenderen Teil des alltäglichen Lebens wahr. Es wird auf hohem Niveau musiziert, das Wissen ist groß und somit die Ansprüche an Musiker hoch. Der Standort Deutschland gibt Claire zudem die Möglichkeit, auf relativ kurzen Wegen die Heimatländer europäischer Komponisten zu bereisen.
Domenico Scarlatti und seine virtuosen Fingerübungen
Für ihr neues Album »Domenico Scarlatti – Piano Sonatas« hat sich Claire Huangci das riesige Korpus der 555 sogenannten Sonaten von Domenico Scarlatti erarbeitet und daraus eine persönliche Auswahl getroffen. Scarlatti selbst bezeichnete die Werke als »Essercizi«, denn er komponierte sie zu Beginn des 18. Jahrhunderts als virtuose ›Fingerübungen‹ für seine adlige Schülerin, die portugiesische Infantin Maria Barbara de Bragança.
Claire erzählte im Interview, dass sie die 555 ›Klaviersonaten‹ innerhalb eines Monats durchgearbeitet habe und sich zu jedem der einsätzigen Stücke Notizen über den Charakter machte, z.B. ob es sich um ein tänzerisches Stück und wenn ja in welcher Tanzform, um ein experimentelles oder ein besonders leidenschaftliches Werk handelte. Aus dem Gesamtkorpus kristallisierten sich für Claire Huangci nach und nach übergeordnete Gruppen heraus: eher barocke Tanzsätze und eher empfindsame Sonatensätze – im Sinne einer klassischen, mehrsätzigen Sonate.
So entstand die Idee, mehrere der einsätzigen ›Klaviersonaten‹ zu Suiten im barocken Stil und zu mehrsätzigen Sonaten im empfindsamen Stil zu kombinieren. Claire Huangci folgte dabei ihrem erlernten Stil- und Formgespür und ihren persönlichen Vorlieben. In der Tonart g-moll fand sie beispielsweise so viele ansprechende Tanzsätze, dass die Suite g-moll ganze acht Sätze umfasst.
Der kritischen Haltung, mit der einige Klassik-Puristen auf diesen freizügigen Umgang mit dem Korpus der Scarlatti-Sonaten reagieren, begegnet Claire Huangci visionär und leidenschaftlich. Scarlatti sei ein Enigma, da er so zurückgezogen gelebt und dieses Korpus nur zu einem Bruchteil veröffentlicht habe. Weil so wenig über die historische Aufführungspraxis dieser Werke von Domenico Scarlatti bekannt ist, bietet sich aus Claires Sicht die Freiheit der Interpretation an. Durch die Verbindung der Einzelsätze zu mehrsätzigen Formen entstehen größere Bögen, durch die sich die Klaviersonaten Scarlattis dem Publikum des 21. Jahrhunderts leichter erschließen.
Claire Huangci und Scarlatti
In Claire Huangcis Ausbildung zur Pianistin spielten die Werke Domenico Scarlattis zunächst keine große Rolle. Und Claire fühlte sich lange Zeit noch nicht bereit, diese Herausforderung anzunehmen. Umso intensiver stürzte sie sich in das Scarlatti-Projekt, als es sich anbot. Und sie möchte in Zukunft noch häufig zu den 555 Klaviersonaten Scarlatti zurückkehren. Es gibt dort weiterhin viel zu entdecken.
Claire über Felix
Beim Konzert in der Lagerhalle von jpc trug Claire Huangci zwei der einsätzigen Scarlatti-Sonaten vor. Außerdem begleitete sie Felix Klieser, der den dritten Satz des Hornkonzerts Nr. 2 D-Dur von Joseph Haydn spielte. Gefragt, was sie an Felix besonders schätze, antwortete Claire, dass sie mit ihm auf einer Wellenlänge liege. Beide seien kritisch und ehrlich miteinander. So hätten sie im Zusammenspiel von Anfang an eine gemeinsame Ebene gefunden.
Der zweite Besuch von Felix Klieser bei jpc
Schon im Oktober 2014, kurz bevor er den Echo Klassik in der Kategorie »Bester Nachwuchskünstler« erhielt, besuchte Hornist Felix Klieser jpc in Georgsmarienhütte, um CDs zu signieren und sich einen Eindruck zu verschaffen, wie seine Alben zum Musikliebhaber gelangen. Beim ersten Besuch von Felix kam zudem die Idee auf, ein Konzert bei jpc zu veranstalten. Am 12. Mai war es nun so weit. Mit Claire Huangci am Klavier stellte Felix Klieser einen Ausschnitt seines zweiten Albums »Horn Concertos« vor: den dritten Satz des Hornkonzerts Nr. 2 D-Dur von Joseph Haydn.
Es ist eine Herausforderung, Felix Klieser zu interviewen, denn dank seiner großen Medienpräsenz bleibt fast keine Frage zu seinem Werdegang offen. Wir fragten ihn, was sich seit dem Echo Klassik für ihn geändert habe. Seine Antwort: Abgesehen von der 20-kg-Trophäe im Regal merke er deutlich, wie sehr er im Hotspot der Aufmerksamkeit stehe. Noch immer freut er sich, dass ›sein‹ Instrument, das Horn, dadurch ebenfalls viel Beachtung findet. Der Echo Klassik hilft ihm, aus der Masse der begabten Nachwuchskünstler herauszustechen. Doch ausruhen möchte er sich auf diesen offiziellen Lorbeeren nicht.
Hornkonzerte von Haydn und Mozart
Sein zweites Album mit Hornkonzerten von Joseph und Michael Haydn sowie einem rekonstruierten Mozart-Konzert betrachtet Felix Klieser als weitere Chance, sich selbst kennenzulernen und weiterzuentwickeln. Die klassischen Hornkonzerte mit Orchester zeigen eine ganz andere Facette des Horn-Repertoires als die romantischen Werke mit Klavierbegleitung seiner ersten CD »Reveries«.
Das Besondere an den »Horn Concertos« ist unter anderem, dass Felix Klieser dort Werke aus dem hohen und tiefen Hornrepertoire spielt. Diese Flexibilität ist seinem Fleiß geschuldet. Die vielfältigen Klangfarben des Horns faszinieren ihn, und durch Ausprobieren und Üben erweitert und verfeinert Felix sein Klangspektrum kontinuierlich. Auf den Tourneen 2015 wird Felix Klieser mit dem Württembergischen Kammerorchester Heilbronn die Konzerte von Haydn und Mozart auch in deutschen Konzertsälen spielen. Doch im Juni steht erst einmal eine Reise nach Taipeh an. Sein autobiographisches Buch »Fußnoten« wurde gerade ins Chinesische übersetzt. Und Claire Huangci brachte ihm spontan während des Interviews schon ein paar Sätze Chinesisch bei.
Felix über Claire
Felix Klieser schätzt an Claire Huangci, dass sie sich auf musikalischer Ebene so ausgezeichnet verstehen. Es gebe viele exzellente Musiker, doch beim gemeinsamen Musizieren müsse von vornherein die Chemie und die Auffassung übereinstimmen, sonst nütze das größte Können nichts.
Leidenschaft für Musik – das Konzert bei jpc
Abschließend fragten wir Claire Huangci und Felix Klieser, welche Bedeutung das Konzert für die Mitarbeiter bei jpc für sie habe. Felix betrachtet es als Möglichkeit, seiner Rolle als Kommunikator gerecht zu werden. Da Musik Kommunikation sei, müssten Künstler Gelegenheiten wie diese nutzen und den Kontakt zu denjenigen suchen, die ihre Musik weiter vermitteln.
Claire Huangci begeisterte zudem die Örtlichkeit, denn wann spielt eine Pianistin schon einmal in einem Warenlager für die Menschen, die dort arbeiten? Claire war erstaunt, wie groß jpc ist. Bei der Besichtigungstour im Lager zwischen meterlangen Regalfächern fiel ihr der abwechslungsreiche Musikgeschmack der jpc-Kunden ins Auge.