Kennt ihr schon … »Sex & Food« von Unknown Mortal Orchestra? (Folge 9)

16. April 2018

In unserer Blogserie »Kennt ihr schon …?« stellen wir euch regelmäßig neue Geheimtipps aus allen Bereichen der Musikwelt vor. Heute das Album »Sex & Food« von Unknown Mortal Orchestra.

Unknown Mortal Orchestra: Sex & FoodWas bedeutet Einzigartigkeit in der Popmusik? Popmusik wird nur zu dieser, wenn sie allen gefällt und damit einem bereits vorhandenen, breiten Spektrum an Geschmack entspricht. Wie kann es dort also eine Eigenständigkeit geben?

Es scheint ein Paradox zu sein. In der Musikwelt kann es jedoch Künstler geben, die Werke schaffen, die einem sehr großen Publikum gefallen, ergo populär sind, und gleichzeitig in keine musikalische Nische passen, da sie einzigartig klingen. So wie die Musik von Unknown Mortal Orchestra.

Die neuseeländische Band schafft einen poppigen Rausch der Emotionen, der irgendwo zwischen Garage, Psychedelic Rock und Disko angesiedelt ist. 2018 erschien ihr viertes Album »Sex & Food«. Es zeigt die enorme Entwicklungskraft einer Band und insbesondere die des Urhebers aller Werke, Ruban Nielson.

Nach der Auflösung seiner ersten Band The Mint Chicks, die noch klassischem Indierock frönte, wollte Nielson Musik aus einer anderen Ära machen. Dazu suchte er jeden Vintagestore in Wellington nach Schallplatten ab, um Inspiration zu bekommen. Er fand jedoch nur zu einem einspurigen Tonbandgerät, mit dem er anfing, Songs aufzunehmen. Anschließend bearbeitete er die Songs am Computer neu. So kreierte er einen neuen Sound, der scheinbar aus einer früheren Ära stammt.

Die ersten zwei Alben der Band orientieren sich noch sehr stark an psychedelischen Rocksounds der 1970er-Jahre. Nicht selten hört man Jefferson Airplane, The Animals oder Cream heraus. Aufgenommen wird weiterhin analog, um anschließend am Computer weitere Feinheiten abzustimmen. Synthesizer aus den 70ern und verzerrter und bearbeiteter Gesang lassen den Klang der späten 70er Jahre entstehen. Die Songs sind durch simple Diskobeats poppig und tanzbar und somit auch für den Ersthörer dieser Band schnell zugänglich.

Unknown Mortal Orchestra: Sex & FoodRuban Nielson erreichte mit dem dritten Album »Multi Love« ein neues Level. Durch zahlreiche Lautstärken- und Intensitätswechsel sowie die Vermischung von Moll-Akkorden in fröhlichen Dur-Melodien, hebt sich die Musik von Unknown Mortal Orchestra endgültig vom Rest der Musikwelt ab.

Das neue Album »Sex & Food« führt die neu entstandene Nische weiter und lässt Unknown Mortal Orchestra kratziger und wütender wirken. Grunge und Garagerock wird plötzlich Teil der Musik, belässt die Band aber weiterhin in ihrer Einzigartig- und Unkopierbarkeit. Die sehr gute Produktion des Albums lässt zusätzlich das Herz jedes Audiophilen höher schlagen.

Was sagt das nun über Popmusik aus? Popmusik muss vielleicht einzigartig klingen, um einen Wiedererkennungswert zu erlangen. Dazu muss eine Nische entstehen, in der nur diese eine Band Platz hat. Die Nische zwischen Pop und Psychedelic Rock füllen Unknown Mortal Orchestra aus, was sie zu einer der spannendsten Bands dieser Zeit macht.

Das Album im Überblick:

Das Album inklusive Hörproben findet ihr hier.

Hier geht es zu den anderen Artikeln unserer Serie »Kennt ihr schon …?«:

Schlagwörter: , , ,

Alexander Gluschkowskij

Verfasst von Alexander Gluschkowskij

Alexander Gluschkowskij ist Jurist, DJ und auch mal Radiomoderator. Vor allem aber ist er leidenschaftlicher Vinylfan. Seit 2018 schreibt er als freier Redakteur für den jpc-Blog, zum Beispiel über Neuerscheinungen und Geheimtipps.


Alle Beiträge von Alexander Gluschkowskij

3 Antworten zu “Kennt ihr schon … »Sex & Food« von Unknown Mortal Orchestra? (Folge 9)”

  1. Peter-Michael Sieker sagt:

    Warum auch immer, ich bin erst jetzt auf den „Kennt ihr schon…“ Blog gestoßen und wirklich davon angetan. Zum einen wegen der Bandbreite der besprochenen Alben, zum anderen erkenne ich das „Herzblut“ der Autoren. Und wenn auch nicht alles meinen Geschmack trifft oder treffen kann, hilft das Lesen und Hineinhören offen für Neues zu bleiben. Schade, dass »Rare Birds« von Jonathan Wilson dann doch keine Hörproben enthält, aber dafür gibt es ja zum Glück andere Plattformen. Der Anstoß allein ist ja entscheidend…

  2. Peter-Michael Sieker sagt:

    Super, danke für die Nachlieferung! :-)