(K)eine geballte Ladung Hits - trotzdem empfehlenswert
The Who – A Quick One
CD, Polydor (UK), 1995, Gesamtlaufzeit: 56'41
Aufmachung:
Die Einzel-CD im Jewel-Case wurde 1995 neu abgemischt und remastered. Außer den zehn originalen Songs des Albums A Quick One, das am 03.12.1966 in England erschienen ist, sind zusätzlich zehn Bonustracks enthalten, davon drei bisher unveröffentlichte.
Bestückt ist das Ganze mit einem 24-seitigen Booklet. Chris Stamp, der langjährige Co-Manager der Who, erklärt darin den Aufbruch zu neuen Ufern, nachdem sich die Band von ihrem früheren Produzenten Shel Talmy getrennt hatte und nun endlich ihre eigene Musik einspielen konnte.
Jeder Song wird im Detail vorgestellt, außerdem gibt es einige Fotos der Who und dazu zeitgenössische Artikel des britischen New Musical Express, die jedoch zum Teil nur schlecht lesbar reproduziert wurden.
Musik:
Eine geballte Ladung Hits... nein, ganz und gar nicht. Aus A Quick One, dem 2. Album der Who, wurde nämlich keine Single ausgekoppelt. Lediglich Happy Jack, die US-Version des Albums, enthielt mit eben diesem Titel einen (kleineren) Hit der Band, der in den Staaten den Song Heatwave auf der LP ersetzte.
Trotzdem gestaltet sich der Longplayer sehr abwechslungsreich: Jeder der Who wurde durch einen üppigen Vorab-Scheck zum Songschreiben animiert. So steuerte Mastermind Pete Townshend dieses Mal nur vier der zehn Titel des Albums bei, John Entwistle und Keith Moon jeweils zwei und Roger Daltrey immerhin noch einen. Das bereits erwähnte Heatwave, ein Hit von Martha And The Vandellas, komplettiert die LP als einzige Coverversion.
Einige der Songs haben auch ohne Single-Status einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht, indem sie hier und da auf diversen Zusammenstellungen der Who erschienen sind. Darüber hinaus hatten die Who John Entwistles Krabbeltier-Epos Boris The Spider jahrzehntelang in ihrem Liverepertoire, Keith Moons schräges Pauken-und-Trompeten-Instrumental Cobwebs And Strange wiederum wurde ein Jahr später in etwas veränderter Form als Heinz Baked Beans auf The Who Sell Out recycelt. Roger Daltreys See My Way dagegen ist zwar recht nett, hinterlässt aber keinen nachhaltigen Eindruck.
Ganz anders Pete Townshends So Sad About Us. Diese Pop-Perle schrieb der Who-Gitarrist ursprünglich für die Merseybeats, bevor die Who das Stück im November 1966 selbst aufnahmen. Zahlreiche Interpreten coverten den Song, sogar Paul Weller erwies mit seiner Band The Jam 1978 mit einem fast naturgetreuen Remake seinen großen Vorbildern die Ehre.
Den Abschluss des Albums bildet der gut neunminütige Titelsong. A Quick One, While He's Away entstand aus sechs separaten Fragmenten und wird allgemein als Townshends erste Mini-Rockoper gefeiert. Mag sein, aber für meinen Geschmack erscheint mir das Ganze ein wenig dilettantisch zusammengestückelt. Sorry Leute, aber das konnten die Beatles auf Abbey Road entschieden besser! Dennoch stahlen die Who 1968 mit diesem Song den Rolling Stones bei ihrem Rock'n'Roll Circus eindeutig die Show.
Deutlich mehr Hitpotenzial steckt in den Bonus-Tracks. Gleich die ersten vier davon stammen von der EP Ready Steady Who, die damals nur drei Wochen vor A Quick One erschien. OK, Batman ist davon nur schwer zu ertragen. Doch mit ihrem respektlos dahingerotzten Barbara Ann zeigen die Who den Beach Boys, was man aus dem 1961er Original der Regents machen kann (der 5. Song der EP, Circles, ist übrigens auf der Super Deluxe Edition von My Generation zu finden).
Fleißige Who-Sammler/innen haben diese Tracks natürlich schon (auch, wenn sie hier zum Teil mit kurzen Studio-Chats bzw. Count-in enthalten sind), genau wie die drei nachfolgenden Single-B-Seiten.
Die letzten drei Stücke hingegen gab es zuvor noch nicht: Eine Akustik-Version von Happy Jack, die dem „elektrischen“ Original kaum nachsteht und ein wirklich schönes Remake des Everly Brothers-Songs Man With The Money. Schließlich gibt es noch eine für Ready Steady Who aufgenommene, jedoch dann doch nicht genutzte Neufassung von My Generation, die nach einigem Getöse in Edward Elgars Land Of Hope And Glory übergeht.
Für fünf reicht es nicht ganz, aber die vier Sterne sind echt verdient.
Klang:
16 der 20 Songs sind in einer etwas merkwürdigen Stereo-Abmischung zu hören, bei denen bis auf wenige Ausnahmen die Musik in Mono enthalten ist und nur der Gesang – doppelt aufgenommen oder im Studio „double-tracked“ – in Stereo. Ab und zu ist zusätzlich ein einzelnes Instrument auf dem linken oder rechten Kanal zu hören.
Bei Track 6 sind die Instrumente stereomäßig aufgeteilt, bei Tracks 10 und 20 wechselt das Stereo-Panorama mit den einzelnen Song-Fragmenten. Die Tracks 8, 15 und 17 sind nur in Pseudo-stereo, das elektronisch aus Mono generiert wurde, vorhanden. Track 18 ist nur in Mono, und das sogar in einem relativ schlechten Mastering, bei dem die Abnutzungs- bzw. Auflösungserscheinungen des Mastertapes deutlich zu Tage treten.
Das zeigt uns, dass die Bänder aus unterschiedlichen Quellen stammen müssen. Vor allem bei See My Way (Track 8) wird das erkennbar, da es als einziger Album-Track nicht in echtem Stereo vorliegt.
Die insgesamt saubere bzw. unspektakuläre Abmischung der CD ergibt in der Summe ebenfalls vier Sterne.