Viel Lärm um . . . wenig Neues!
Ach, ja! Alle Welt kriegt sich ja schier nicht mehr ein! Die berufenen Rezensenten der westlichen Hemisphäre feiern die "neuen" Stereo- und Mono-Boxen als die leibhaftige musikalische Erleuchtung - man bekommt unweigerlich den Eindruck, als hätten alle bisherigen Generationen die Musik der Fab Four ein halbes Jahrhundert lang nur durch einen Telefonhörer gehört.
Das hat selbstredend auch bei mir altem und unverbesserlichem Beatles-Fan mächtig Eindruck geschindet. Und so nahm ich ein anstehendes Wiegenfest zum Anlass, mir dieses Wunderpaket (als nicht weniger wurde es allerseits angepriesen) von lieben Mitmenschen zum Präsent machen zu lassen. Und das war insofern gut so, als dass sich verdammt schnell herausgestellt hat, dass mir persönlich die finanziöse Aufwendung dafür eindeutig zu schade gewesen wäre!
Um Eines gleich vorweg zu nehmen: Da ich davon ausgehe, dass unter den Interessenten für diese Box-Sets die musikalische Qualität des Beatles-Oeuvre ohnehin außerhalb jeglicher Diskussionsbasis steht, will ich ausschließlich die Aspekte beleuchten, die im Zusammenhang mit den CD-Reissues von Bedeutung sind.
Meine mannigfaltige Enttäuschung begann schon mit dem Design der Box. Von einer hochpreisigen Box erwarte ich zunächst einmal eine gewisse Bedienfreundlichkeit. Das soll heißen, dass ich die jeweilige CD meiner Wahl einfach und ohne größeres Gedöns entnehmen können will. Und genau in dieser Hinsicht lässt dieses Produkt zu allererst zu wünschen übrig. Da die CDs ÜBEREINANDER gestapelt untergebracht sind, hab' ich erst einmal einiges zu herumzunesteln um beispielsweise "Let It Be" von ganz unten hervorzukramen. Dass das auch anders geht, wurde bei anderen Box-Sets schon lange zuvor unter Beweis gestellt. Auch gestaltet es sich unnötig schwierig, die einzeknen CDs aus dem Cover zu puhlen. Und wenn man die Silberlinge - um dabei drohenden Kratzern vorzubeugen -zusätzlich in einer Innenschutzhülle verwahren möchte (man will ja schließlich noch längere Zeit Freude an ihnen haben), sieht man sich vor ein echtes Problem gestellt.
Aus Japan kommend, erfreut sich das sogenannte Mini-LP-Design schon seit einiger Zeit immer größer werdender Beliebtheit. Dies in diesem Rahmen den Beatles-CDs angedeihen zu lassen, wäre einem solchen Projekt angemessen gewesen. Aber nein: Wer in diesen Genuss kommen will, muss zusätzlich noch die Mono-Box erstehen. Diesen Gefallen, liebe Profitgeier von EMI, werde ich Euch nicht tun!
Eigentlich hätte ich damit beginnen müssen, dass es an und für sich problemlos machbar gewesen wäre, die Mono- und Stereo-Ausgaben in einer Box zu kombinieren. Aber angesichts des immer noch immensen Marktwerts der Liverpooler Combo wollte sich die EMI natürlich nicht die Chance nehmen lassen, den Fan hier nach Möglichkeit zweimal zur Kasse zu bitten. Not me!
Aber die Hauptenttäuschung kam in Gestalt der CD-Aufnahmen selbst. Was hatten mir die Rezensenten mit ihren Hallelujah-Gesängen das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen. Nie zuvor dagewesene neue Klangdimensionen hat man da suggeriert. Mein lieber Scholli - nach derlei vollmundigen Ankündigungen wurde mir sogar fast ein bisschen mulmig, was ich da so alles zu erwarten hätte. Schließlich sollen sich die Macher der Reissue-Kampagne vier Jahre lang in den Abbey-Road-Studios an den Aufnahmen zu schaffen gemacht haben.
Nach der (wahrlich neue Dimensionen entfaltenden) Neuerscheinung des "Yellow Submarine"-Soundtracks im Jahre 1999 hatte man bei den Beatlemanen die Hoffnung geweckt, dass in absehbarer Zukunft der Restkatalog der Beatles in ähnlicher Weise nicht nur ein neues Remastering, sondern gleichermaßen eine neue Stereo-Mischung erfährt. Pustekuchen!
Ja, und der Sound? Also, wer seine guten Ohren nicht durch zeitgemäße armselige Sound-Standards á la mp3 versaut hat und darüber hinaus eine anständige Anlage in seiner Wohnstatt sein Eigen nennt, und beide CD-Ausgaben unvoreingenommen miteinander vergleicht, der muss sich allen Ernstes fragen, was denn um Gottes Himmels Willen die Herren Sound Engineers da jahrelang getrieben haben sollen. Wenn man nämlich einmal vom Anheben der Dynamik absieht, so wurde das Klangbild tatsächlich nur unwesentlich verändert. Und das in diesen Zusammenhang immer wieder gerne zitierte Stuhlknarren während des ausklingenden Schlussakkords von „A Day In The Life“ beispielsweise hat man genauso deutlich bereits auf der CD-Erstausgabe vernehmen können.
Bliebe zum Schluss noch die Erwähnung der sogenannten „Mini-Documentaries“ – also die sind nun wirklich nicht der Rede wert. Schließlich hat jeder halbwegs Beatlephile mit Sicherheit die „Anthology“-DVDs im Schrank stehen . . .
Ich kann mir nicht helfen: Für mich riecht die ganze Sache schwer nach mehr Schein als Sein. Da hat die EMI plakativ ein Riesenfass aufgemacht (ich möchte nicht wissen, wie viele der Musikjournalisten im Blätterwald mit Musterexemplaren und dazugehörigem Presskit-Schnickschnack quasi gekauft wurden . . .) und alle fressen ihr blind (oder sollte ich sagen: taub) aus der Hand.
Noch einmal: Die Musik der Beatles spricht (nach wie vor) für sich. Und zweifellos ist diese Box das Allumfassendste mit dem bis dato besten Sound auf dem (offiziellen) CD-Markt. Aber das überdimensionale Galama, welches um diese Veröffentlichung getrieben wurde (und wird), ist wenig mehr als Schaumschlägerei. Denn man hätte EINIGES besser machen können.
Drum prüfe, wer sich . . . dies was kosten lassen will!
P.S. Und wo bleibt "Live At The Hollywood Bowl"???