Erwin Schulhoff: Klaviersonaten Nr.1 & 3
Klaviersonaten Nr.1 & 3
CD
CD (Compact Disc)
Herkömmliche CD, die mit allen CD-Playern und Computerlaufwerken, aber auch mit den meisten SACD- oder Multiplayern abspielbar ist.
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- +Jazzimprovisationen für 2 Klaviere
- Künstler: Margarete Babinsky, Andreas Wykydal
- Label: Crystal, DDD, 2009
- Erscheinungstermin: 1.2.2012
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Erwin Schulhoff, ein Prager Jude, wurde Opfer des Nationalsozialismus, kam am 24. August 1942 in einem süddeutschen Internierungslager um. Seit etwa 20 Jahren wird er wieder entdeckt, und es zeigt sich, dass ohne ihn eine entscheidende Facette in der Musik des 20. Jahrhunderts fehlen würde. Er ist keinem Mainstream zuzuordnen, sondern saugt wie ein Schwamm alle Strömungen seiner Zeit auf. Dadurch wird er zum Polystilisten. Einen gewichtigen Teil seines Schaffens nimmt die Klaviermusik ein, denn er war selbst ein Pianist von hohen Graden. Die Jahre 1917-1919 sind bei ihm die Zeit der -esken: Grotesken, Burlesken, Humoresken, Arabesken, Pittoresken. Es sind alles sehr tänzerische Stücke. Seit Anfang 1919 lebte Schulhoff in Dresden und scharte um sich Leute aus allen Künsten: Literaten, Maler, Architekten. Man erwärmte
sich für den Dadaismus, den Schulhoff aus Berlin importierte. Er hatte dort den Maler George Grosz kennen gelernt, der sich an den Vor- und Frühformen des Jazz begeisterte.
Neben den kleinen, meist tänzerischen Formen hat Schulhoff auf dem Klavier auch die Großform der Sonate gepflegt. Die 1. Sonate, eigentlich schon seine 3., widmete er Thomas Mann. Sie ist durchlaufend notiert, prägt jedoch deutlich, durch Zäsuren getrennt, die vier Satzcharaktere der traditionellen Sonate aus: Sonatenhauptsatz, langsamer Satz, Scherzo, Rondo-Finale. Der Kopfsatz verzichtet allerdings auf den herkömmlichen Sonaten- Dualismus, bleibt einheitlich in der Thematik. Er wird eröffnet von clusterhaften Akkorden, die sich durch die ganze Sonate ziehen. Der langsame Satz ist eine Passacaglia, deren Thema, in Quartstrukuren angeordnet, alle 12 Töne enthält. In dem hochchromatischen Satz schwingt noch das Erbe von Schulhoffs Lehrer Max Reger nach. Trockene Trommelrhythmen intonieren als Scherzo einen Geschwindmarsch mit jazzigen Synkopen. Das Finale ist nichts anderes als eine Variante des Kopfsatzes, dessen Elemente neu montiert werden. Alles mündet in ein unheimlich rotierendes Perpetuum mobile.
Die 3. Klaviersonate beendete Schulhoff am 26.5.1926. In dem fünfsätzigen Werk kreiert er wiederum neue Stile. lm Kopfsatz restituiert er nun wieder den alten Sonatendualismus, aber mit umgekehrten Vorzeichen. Das erste Thema ist das sangliche, erinnert mit seiner Terzenseligkeit an die Ungarischen Tänze von Brahms, das zweite ist rhythmisch pointiert, graziös, etwas burlesk. Zum Signum der Sonate wird das häufige Verlöschen der Musik. Seit 1919 hatte Schulhoff immer wieder improvisatorische Musik ohne Taktstrich geschrieben, meist in herber Atonalität. Hier nun ist der 2. Satz eine Improvisation ohne Metrum, die auf drei Systemen drei Schichten übereinander lagert: Glockentöne im Bass, volle Akkorde in der Mitte und vogelrufartige Girlanden im Diskant. Der 3. Satz ist ein Scherzo als Perpetuum mobile. Der Trauermarsch des 4. Satzes ist ein absolutes Novum bei Schulhoff. Wieder drei Systeme, drei Schichten: Lastende Akkorde in der Tiefe, eine sehr kleinintervallige, stockende Melodie in der Mittellage, darüber achttönige Akkorde, die bis in den äußersten Diskant reichen. Der letzte Satz nennt sich „Finale retrospettivo“, d. h., er ist eine Variante des Kopfsatzes.
Gottfried Eberle
Neben den kleinen, meist tänzerischen Formen hat Schulhoff auf dem Klavier auch die Großform der Sonate gepflegt. Die 1. Sonate, eigentlich schon seine 3., widmete er Thomas Mann. Sie ist durchlaufend notiert, prägt jedoch deutlich, durch Zäsuren getrennt, die vier Satzcharaktere der traditionellen Sonate aus: Sonatenhauptsatz, langsamer Satz, Scherzo, Rondo-Finale. Der Kopfsatz verzichtet allerdings auf den herkömmlichen Sonaten- Dualismus, bleibt einheitlich in der Thematik. Er wird eröffnet von clusterhaften Akkorden, die sich durch die ganze Sonate ziehen. Der langsame Satz ist eine Passacaglia, deren Thema, in Quartstrukuren angeordnet, alle 12 Töne enthält. In dem hochchromatischen Satz schwingt noch das Erbe von Schulhoffs Lehrer Max Reger nach. Trockene Trommelrhythmen intonieren als Scherzo einen Geschwindmarsch mit jazzigen Synkopen. Das Finale ist nichts anderes als eine Variante des Kopfsatzes, dessen Elemente neu montiert werden. Alles mündet in ein unheimlich rotierendes Perpetuum mobile.
Die 3. Klaviersonate beendete Schulhoff am 26.5.1926. In dem fünfsätzigen Werk kreiert er wiederum neue Stile. lm Kopfsatz restituiert er nun wieder den alten Sonatendualismus, aber mit umgekehrten Vorzeichen. Das erste Thema ist das sangliche, erinnert mit seiner Terzenseligkeit an die Ungarischen Tänze von Brahms, das zweite ist rhythmisch pointiert, graziös, etwas burlesk. Zum Signum der Sonate wird das häufige Verlöschen der Musik. Seit 1919 hatte Schulhoff immer wieder improvisatorische Musik ohne Taktstrich geschrieben, meist in herber Atonalität. Hier nun ist der 2. Satz eine Improvisation ohne Metrum, die auf drei Systemen drei Schichten übereinander lagert: Glockentöne im Bass, volle Akkorde in der Mitte und vogelrufartige Girlanden im Diskant. Der 3. Satz ist ein Scherzo als Perpetuum mobile. Der Trauermarsch des 4. Satzes ist ein absolutes Novum bei Schulhoff. Wieder drei Systeme, drei Schichten: Lastende Akkorde in der Tiefe, eine sehr kleinintervallige, stockende Melodie in der Mittellage, darüber achttönige Akkorde, die bis in den äußersten Diskant reichen. Der letzte Satz nennt sich „Finale retrospettivo“, d. h., er ist eine Variante des Kopfsatzes.
Gottfried Eberle
Rezensionen
Stereo 04/12: "Die Musik ist pianistisch sehr anspruchsvoll, sowohl technisch als auch gestalterisch, und man merkt den Interpretationen von Margarete Babinsky deren intensive Auseinandersetzung mit ihr an. Die Farbigkeit und die stilistische Vielfalt kommen optimal zur Geltung, und in den Jazzimprovisationen entwickeln Babinsky und ihr Duopartner Andreas Wykydal ein Feeling, das klassischen Interpreten oft abgeht."- Tracklisting
- Details
- Mitwirkende
Disk 1 von 1 (CD)
Sonate für Klavier Nr. 1 WV 69
- 1 Allegro molto
- 2 Molto tranquillo
- 3 Allegro moderato grotesco
- 4 Allegro molto
Sonate für Klavier Nr. 3 WV 88
- 5 Moderato cantabile
- 6 Andante tranquillo quasi Improvisazione
- 7 Allegro molto
- 8 Marcia funebre
- 9 Finale retrospettivo: Allegretto moderato
Jazzimprovisationen für 2 Klaviere
- 10 Dein kokettes Lächeln (Slowfox)
- 11 Capricciolette
- 12 Butterfly
- 13 Tango
- 14 Melody Waltz
- 15 A Musical Flips
- 16 Mitternachtsgespenster (Blues)
- 17 Humoreska