Der Schmuck der Madonna/I gioiella della Madonna
Wer die Spielpläne unserer Bühnen nach Komischen Opern durchforstet, stößt auf ein dünnes Angebot fortwährend gleicher Komponistennamen. Cornelius' "Barbier von Bagdad" taucht dabei nur aller Jubeljahre auf, von Hermann Goetz ("Der Widerspenstigen Zähmung") ganz zu schweigen. Selbst Adams "Postillon" fristet allenfalls ein Schattendasein. Auch Ermanno Wolf-Ferrari, der der Opera buffa im letzten Jahrhundert zu neuer Blüte verhalf, trifft man kaum an. Noch in den 1950er Jahren bot Berlins Komische Oper in rascher Folge gleich drei seiner Goldoni-Vertonungen ("Neugierige Frauen", "Grobiane" und "Campiello"). Chemnitz zeigte in den Fünfzigern und Sechzigern ebenfalls diese genannten Werke, dazu noch den "Sly", einen der beiden Opernthriller des Meisters. Der andere trägt den Titel "Der Schmuck der Madonna" und erlebte 1911 seine deutschsprachige Uraufführung an der Berliner Kurfürsten-Oper, ein glutvolles Stück Musiktheater, das sich gegenüber populäreren Beiträgen des Verismo sehr wohl zu behaupten vermag. Während von anderen Schöpfungen des Deutsch-Italieners einige italienische und in jüngster Zeit auch historische deutsche Aufnahmen vorliegen, musste letztendlich vor rund 40 Jahren ein britisches Produktionsteam die Initiative ergreifen, um diesem "Schmuck" neuen Glanz zu verleihen. Freilich hatte man für dieses Unterfangen mit dem Genuesen Alberto Erede einen erfahrenen Theatermann gewonnen, der diese Oper aus dem FF kannte und alles daransetzte, die überschäumenden Volksszenen nahezu rauschhaft auszumusizieren. Den überbordenden Emotionen der drei Protagonisten gewährt er das ihnen gebührende veristische Gepräge, ohne dass das ihm willig folgende BBC Symphony Orchestra jemals in die Verlegenheit gerät, die Solisten zu übertönen. Anerkennenswerterweise ließ Erede, was naheliegend gewesen wäre, für diese Produktion keine italienischen Stars einfliegen, sondern akzeptierte die ihm vorgeschlagenen Sänger, deren Namen, den Bariton ausgenommen, dem heutigen Musikfreund kaum vertraut sein dürften. Dabei gefällt Pauline Tinsley als kapriziöse Maliella, die auch im emotionalen Ausbruch zu bestechen vermag, bringt der Kanadier André Turp sein schönes lyrisches Material überzeugend für den unglücklichen Gennaro ein und zeichnet Peter Glossop mit saft- und kraftvollen Tönen einen Mafiaboss von ebenso erotischer wie brutaler Ausstrahlungskraft. Leider ist anzunehmen, dass sich unsere Opernhäuser, trotz der genannten Vorzüge, auch künftighin nicht mit diesem Geschmeide schmücken werden.